Was bedeutet m/w/d? Das dritte Geschlecht und die Folgen für Unternehmen

In immer mehr Stellenanzeigen werden Kandidaten gesucht, die entweder "(m/w/d)" oder "(m/w/x)" sein sollen. Es handelt sich dabei ganz einfach um die Angabe des dritten Geschlechts. Neben dem "m" für "männlich" und "w" für "weiblich" gibt es verschiedene Zusätze mit unterschiedlichen Bedeutungen. Das "d" steht für "divers", "i" für "inter", "gn" für "geschlechtsneutral"oder "x" für ein nicht näher spezifiziertes Geschlecht.

Diese Zusätze gibt es zwar schon länger, zum Trend im Personalmarketing wurden sie aber erst durch ein Urteil zur Intersexualität des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) im November 2017. Seither kann neben den Angaben "weiblich" und "männlich" auch "neutral" im Geburtenregister eingetragen werden. In der Folge fragen sich nun auch viele Personalverantwortliche, ob die Aufnahme einer weiteren Geschlechtsangabe in Stellenanzeigen ab jetzt Pflicht ist. Wir klären die Rechtslage und zeigen die Perspektiven dieser Entwicklung auf.

In Stellenanzeigen schon heute verbreitet: m/w/d

Eine Studie der Jobbörse Adzuna zeigt, dass das dritte Geschlecht längst Eingang in viele Stellenbeschreibungen gefunden hat. Adzuna analysierte 570.000 aktuelle, deutsche Jobangebote und fand heraus:

  • 17 Prozent der Stellenausschreibungen aus den Bereichen Handel und Baugewerbe sind bereits geschlechtsneutral formuliert

  • 15 Prozent der Jobangebote in der Buchhaltungs- und Finanzbranche enthalten Angaben zu mehr als zwei Geschlechtern

  • 10 Prozent geschlechtsneutrale Stellenangebote hat die IT-Branche vorzuweisen

  • Das Schlusslicht der Analyse bilden die Branchen Gesundheitswesen und Pflege mit etwa 6 Prozent, Fertigung mit knapp 4 Prozent und Stellenangebote für Hochschulabsolventen mit nur 3 Prozent

Woher kommt der plötzliche Wandel?

2017 hatte eine intergeschlechtliche Person vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, weil das Geburtenregister lediglich die Optionen "männlich" und "weiblich" anbot. Die Verfassungsrichter beschlossen daraufhin, dass dies gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und zudem gegen das Diskriminierungsverbot Art. 3 Abs. 3 GG verstoße.

Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtes war der Gesetzgeber gezwungen, eine neue Regelung zu schaffen, die nun seit Beginn 2019 in Kraft getreten ist. Diese neue Regelung sieht ein drittes Geschlecht im Geburtenregister vor. Neben "männlich" und "weiblich" gibt es fortan auch die Option "divers".

Die Folge dieser Gerichtsentscheidungen wirkt sich auch auf das Arbeitsrecht aus. Bei der Formulierung von Stellenausschreibungen gilt es seit jeher, das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) zu berücksichtigen. Dieses schützt Bewerber vor Benachteiligung aufgrund ihrer sexuellen Identität. Da das dritte Geschlecht nun gesetzlich verankert ist, müsse dem auch in allen Ausschreibungen Rechnung getragen werden, wird in vielen Personalabteilungen gemutmaßt.

Um nur ja keinen Fehler zu machen und allen rechtlichen Vorgaben von BGB und AGG gerecht zu werden, sind viele Personalstellen dazu übergegangen neben die Berufsbezeichnung männlich, weibliche und intersexuelle Ergänzungen zu setzten. Motto: Nur keine Abmahnung riskieren.

Ist der neue Zusatz ein Muss für Arbeitgeber?

Nein, sagen viele Branchenexperten. Zwar gilt in Deutschland seit 1980 § 611b BGB, der regelt, dass eine Arbeitsplatzausschreibung geschlechtsneutral sein muss, doch wie die Ausgestaltung genau ausfallen soll, wird nicht näher spezifiziert. Auch das AGG gibt lediglich vor, dass die Arbeitsplatzbezeichnung so formuliert sein muss, dass niemand wegen seines Geschlechtes diskriminiert wird. Zu welcher Formulierung Arbeitgeber konkret greifen sollen, wird auch hier nicht näher ausgeführt.

Ausweg generisches Maskulinum?

Rein rechtlich gesehen, bestand also bisher kein Zwang zu "m/w". Und auch in Zukunft ist niemand gezwungen, Wendungen wie "m/w/d" in einer Stellenausschreibung zu verwenden. Da die deutsche Sprache das generische Maskulinum kennt, seien Stellenbeschreibung ohnehin grundsätzlich genderneutral: "Maler" oder "LKW-Fahrer" bezeichneten eben Personen, die diese Tätigkeit ausführten, vollkommen unabhängig vom Geschlecht.

Wer eine Alternative zu Formulierungen im generischen Maskulinum sucht, kann sich verschiedener Varianten bedienen:

  • Neutrale Berufsbezeichnungen mit einem erklärenden Zusatz

  • Formulierungen, aus denen eindeutig hervorgeht, dass keiner diskriminiert werden soll und alle qualifizierten Bewerber gerne gesehen werden

  • Einfügen eines sogenannten Gender-Gap in Form eines Unterstriches (beispielsweise bei Mitarbeiter_innen) oder eines Asterisks (beispielsweise bei Mitarbeiter*innen)

Wie verändert die Anerkennung des dritten Geschlechtes den Arbeitsalltag?

Bislang wird das dritte Geschlecht fast nur in Stellenanzeigen sichtbar. Soll der Intersexualität in der Arbeitswelt mehr Aufmerksamkeit und Gewicht zukommen, werden auf die Neuformulierung von Stellenanzeigen weitere Neuerungen folgen müssen:

Ansprache

Die Antwort auf eine Bewerbung sollte möglichst nicht ein Standardtext mit der Eingangsbegrüßung "Sehr geehrte/r Frau/Herr," sein. Wer eine gendersensible Ansprache in der Stellenanzeige wählt, muss konsequenterweise auch alle schriftlichen Standardtexte anpassen. Das gleiche gilt für Online-Bewerbungsformulare – wer hier nur die Auswahl zwischen "Herr" und "Frau" anbietet, wirkt als Unternehmen nicht weltoffen, sondern allenfalls so, als habe man lediglich Klagen und Abmahnungen vermeiden wollen.

Kommunikation

Auch die Kommunikation im Bewerbungsgespräch oder im Arbeitsalltag wird sich perspektivisch verändern (müssen). Ein freundliches "Hallo Frau…" kann schnell zum unangenehmen Fauxpas werden, wenn sich Bewerbende dem dritten Geschlecht zuordnen. Ein Weg aus dem Kommunikationsdilemma ist die neutrale Ansprache "Hallo Vorname Nachname" oder eine ganz offene Frage danach, mit welchem Pronomen Bewerbende gerne angesprochen werden möchten.

Toiletten

Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) schreibt vor, dass es getrennte Toilettenräume geben muss, wenn mehr als neun Mitarbeiter angestellt sind. Zukünftig würden dann statt bisher zwei Toiletten drei separate Waschräume zur Verfügung stehen. Alternativ könnten Unisex-Toiletten eingerichtet werden.

Berufsbezeichungen

Dem Thema Ansprache in Stellenanzeigen unmittelbar verwandt ist die Frage nach der Berufsbezeichnung. Der "Kaufmann" oder die "Kauffrau" wird sicher nicht durch ein "Kaufdivers" ergänzt werden. Hier lohnt es sich, auf neutrale Begriffe auszuweichen: Die "Kaufleute" machen es Arbeitgebern zunächst leicht, größere Probleme entstehen bei Formulierungen, die eigentlich ein "kaufmännisch" enthalten würden. Hier wird perspektivisch Kreativität, Offenheit und Augenmaß gefragt sein.

In Zukunft wird gendersensibles Auftreten und vielfältige Kommunikation ebenso Teil eines stringenten Employer Brandings werden, wie ausgefeilte Konzepte zur Work-Life-Balance oder eine überzeugende Unternehmensmission.

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