Selbstständig oder befristet angestellt? - Freelancer auf dem Vormarsch

Eine Frage, die sich jeder vor seinem Eintritt in die Arbeitswelt mindestens einmal stellt, ist die nach der Beschäftigungsform: selbstständig oder angestellt? Beide Varianten haben Ihre Vor- und Nachteile. Es sei allerdings angemerkt, dass Anstellungen ohne Befristung in den letzten Jahren leider eine Seltenheit geworden sind. Während sich trotzdem viele noch immer für die vermeintlich sicherere Variante der befristeten Anstellung entscheiden, erhält die Beschäftigungsform als Freiberufler jedoch stetigen Zuwachs. Warum gibt es immer mehr freiberufliche Anstellungen? Geht der Trend weg vom heutzutage meist befristeten Arbeitsvertrag? Diesen Fragen widmen wir uns in diesem Blogbeitrag und zeigen außerdem die Vor- und Nachteile der Selbstständigkeit und der befristeten Anstellung auf.

Warum gibt es immer mehr freiberufliche Anstellungen?

Für den Marktanstieg des Freiberuflers gibt es viele Gründe. Das digitale Zeitalter ermöglicht es mittlerweile jedem, der einen PC oder Laptop und einen Internetanschluss besitzt, von zu Hause aus oder fast überall sonst seine Arbeit zu erledigen. Auch die Akquise von Auftraggebern wird durch die Digitalisierung und den Einsatz von Plattformen für Projekte erheblich vereinfacht. Der Marktzuwachs der Freiberufler ist jedoch nicht per se das Produkt der sich stetig erweiternden Vernetzung über das World Wide Web, sondern ergibt sich aus einer Vielzahl arbeitsmarktbezogener Trends. Die wichtigsten stellen wir Ihnen hier kurz vor:

Wertewandel: Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung

Das wichtigste zuerst: Keine der bisherigen Generationen wurde so sehr zur Unabhängigkeit, Individualität, Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung erzogen, wie die nun am Arbeitsmarkt hauptsächlich vertretene Generation Y (geboren zwischen 1980 und 1996), häufig auch als "Generation Me" bezeichnet, und die Generation Z (1997-2012 geborene), deren erste Vertreter nun ebenfalls bereits auf den Arbeitsmarkt strömen. Beide Generationen haben eines gemeinsam: Sie sind nicht mehr von der Mission oder den Zielen potenzieller Arbeitgeber inspiriert, sondern von der Suche nach dem Sinn Ihres Daseins und Schaffens.

Es geht primär um Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Alles, was getan wird, Ausbildung, Studium, die Aneignung bestimmter Fähigkeiten, die Suche nach dem Job etc., verfolgt einen bestimmten Sinn und Zweck, dem sie sich komplett verschreiben und unterordnen. Können die erlernten Fähigkeiten und das erworbene Know-How nicht auf die gewünschte Art angewendet werden, wird die Beschäftigung schnell unattraktiv. Es ergeben sich also ganz neue Anforderungen an Jobs im Allgemeinen. Auch zugewiesene Aufgaben werden häufig bezüglich des Sinns hinterfragt. Somit gehen die Generationen Y ("Why?") und Z mit Ihren Arbeitgebern kritischer ins Gericht und neigen oft weniger zu Vertrauen und Loyalität diesen gegenüber, was wiederum ein Umdenken im Führungsstil unabdingbar macht.

Da diesem Wertewandel seitens der älteren Generationen, die ihre Ziele ganz anders abstecken und ausrichten, nur langsam entgegengekommen wird, gewinnt die Selbstständigkeit für die jüngeren Generationen verständlicherweise stetig an Attraktivität. Niemand möchte seine Zeit und Fähigkeiten "vergeudet" sehen und wo ließen sich die eigenen Fähigkeiten schließlich besser anwenden und vertiefen, als in selbst ausgewählten Projekten, die wirklich zu einem passen?

Most Wanted: Flexibilität

Die einst beliebte 9-to-5-Arbeitszeit ist längst nicht mehr gefragt, bedeutet diese doch zeitlich gravierende Einschnitte in den Lebenswandel. Biorhythmen unterscheiden sich schon immer von Mensch zu Mensch - und so kommt es, dass viele um neun Uhr am Morgen alles andere als produktiv sind, dafür aber abends oder nachts höchst aktiv werden und somit in dieser Zeit wesentlich effektiver arbeiten können.

Aus dem Wertewandel ergibt sich eine Reihe von ganz neuen Ansprüchen an die Jobstandards - das beinhaltet neben den generell gewünschten Mitarbeiter-Benefits unter anderem eben auch, dass auf die Biorhythmen der Individuen eingegangen und maximale Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung gewährleistet wird. In den aktivsten Tageszeiten zu arbeiten, steigert die Effektivität und Produktivität der Mitarbeiter ganz erheblich.

Leider erkennen das Unternehmer und Führungskräfte älterer Generationen in vielen Unternehmen bis dato nicht und zwingen Ihren Mitarbeitern deshalb festgesetzte Arbeitszeiten auf. Logisch, so hat es ja auch immer funktioniert bei den vorigen Generationen. Paradox jedoch, wenn man bedenkt, dass der Fokus älterer Generationen oft auf der Work-Life-Balance liegt. Effektivität verkürzt die Arbeitszeit. Skandinavische Unternehmen machen es vor: Die Arbeit in acht Stunden kann genauso innerhalb von sechs Stunden geschafft werden, ergo mehr Freizeit nach getaner Arbeit. Die Lösung: sich selbstständig machen, sein eigener Chef sein, Arbeitszeiten selbst bestimmen und Arbeit nach eigenem Gusto ausführen. Ein Pluspunkt für die Selbstständigkeit.

Unzureichende Anwendungsmöglichkeiten für Fachwissen

Die Generationen Y und Z sind bestrebt, Spezialisten auf ihrem Gebiet zu werden. Sie studieren für Bachelor- und Masterabschlüsse und schaffen sich einen immensen Wissenspool - den Sie in den bisher üblichen Strukturen einer Anstellung in den meisten Fällen nicht wie gewünscht anwenden können.

Allzu häufig kommt es vor, dass die Vertreter der älteren Generationen im Betrieb blind ihre altbewährten Vorgehensweisen durchsetzen wollen und die jüngeren somit ausbremsen, dass sie von neuartigen Ideen nichts wissen wollen, dass die Arbeitszeiten unzufriedenstellend sind, und - nebenbei erwähnt - dass die Vergütung ebenso häufig als unangemessen empfunden wird. Um ihre Expertise zu vertiefen, Erfahrungen zu gewinnen und ihren tatsächlichen Marktwert in Geld einzutreiben, entscheiden sie sich deshalb verständlicherweise oft lieber für die Selbstständigkeit.

Die so gewonnene Selbstbestimmtheit der meist hervorragend ausgebildeten selbstständigen jungen Menschen hat allerdings ihren Preis: Sie führt auf dem Arbeitsmarkt zu einem Mangel an Fachkräften, denn als die dauerhaft in einem Unternehmen benötigten Fachkräfte stehen sie so ja nicht mehr zur Verfügung.

Befristete Anstellungsverhältnisse oft kaum sicherer

Eine Festanstellung ist heutzutage selten anzutreffen. Fast jede Zusammenarbeit zwischen Unternehmer und Fachkraft beginnt mit einer Befristung von ein bis zwei Jahren. Wer sich sagt, dass Freelancing aufgrund der schwankenden Auftragslage und den somit schwankenden Einnahmen zu unsicher sei und sich mit dem Gefühl der Sicherheit in ein befristetes Anstellungsverhältnis begibt, erkennt oft schnell die Tatsachen. Auch eine befristete Anstellung endet - wie der Name sagt - nach dem Ablauf einer Frist und mündet nicht immer in der Festanstellung.

Während sich der Freelancer dann über seine Plattform einfach neue Projekte sucht, bedeutet der Fristablauf und das damit verbundene Ende der Anstellung für den Angestellten einen erneuten Bewerbungsmarathon und unter Umständen drastische Einbußen beim Lebensunterhalt, wenn der nächste Job nicht kurzfristig gefunden wird. In diesem Fall kann unsere Karriereberatung Sie sehr gut unterstützen. Gemeinsam werden wir Ihre Bewerbungsunterlagen optimieren. Wir bieten Ihnen außerdem Interview-Trainings, die als Bewerbungsgesprächs-Vorbereitung sehr nützlich sind. So erhöhen wir die Chancen auf Ihren neuen Job.

Steigende Stundensätze für Freiberufler

Der Marktzuwachs für die Selbstständigkeit bedeutet gleichsam die Flaute bei Nachwuchsfachkräften. Den Unternehmen fehlt somit auf lange Sicht wichtiges Know-How, das ihr Unternehmen voranbringt. Der Fachkräftemangel führt inzwischen so weit, dass Unternehmen mit Hilfe von Headhunter- und Recruiting-Dienstleistern, Freelancer-Plattformen und Outsourcing Talente von extern für verschiedene Projekte mieten.

Fundiertes Know-how und Expertise sind da Gold (beziehungsweise viel Geld) wert. Denn wie sagt man so schön: Guter Rat ist teuer. Einen vorgeschriebenen Stundensatz für Experten gibt es nicht. So treibt die Nachfrage die Stundensätze in die Höhe, und es ist nicht verwunderlich, dass Freiberufler sich ihre Leistungen und ihren Marktwert großzügig vergüten lassen.

Im Gehaltsvergleich zwischen Angestellten und Selbstständigen zieht ersterer hier eindeutig den Kürzeren. Im Hinblick auf die drohende Altersarmut ist das ein klares K.O.-Kriterium für das Anstellungsverhältnis. Eine Entspannung des Fachkräftemangels ist nicht in Sicht und vorerst auch nicht wahrscheinlich, denn bevor der Arbeitsmarkt den Erwartungen der jüngeren Generationen nicht entgegenkommt, bleiben Anstellungen allgemein vorerst unattraktiv.

Zwischenfazit

Die Frage, ob man selbstständig oder befristet angestellt sein möchte, lässt sich aus dieser Sichtweise für viele recht einfach beantworten. Tatsache ist, dass die befristete Anstellung zwar ein sicheres Gehalt bietet, der Aufwand von Zeit, Nerven und Ressourcen nach Fristablauf jedoch deutlich höher ausfällt und eine Durststrecke bei der Jobsuche seine Existenz genauso bedrohen kann.

Es wäre aber nicht richtig zu sagen, dass eine der untersuchten Varianten nur Vor- oder Nachteile beinhalte, denn jede Münze hat eine Vor- und eine Rückseite. Diese sehen wir uns nun im zweiten Teil des Artikels einmal an

Vor- und Nachteile der Selbstständigkeit

Der Selbstständigkeit haftet noch immer noch immer der Ruf der Unsicherheit an, der lange Zeit viele davor zurückschrecken ließ. Ebenso herrscht noch immer das Trugbild vor, dass Selbstständige wenig bis keinen Urlaub haben und quasi Tag und Nacht schuften. Das ist jedoch stark von Persönlichkeit und Auftragslage abhängig. Wer in seiner Arbeit aufgeht und diese gern macht, wird das nicht zwingend als Nachteil empfinden.

In Zeiten des Bildungs- und Expertisewettbewerbs der Generationen Y und Z scheint die Selbstständigkeit der beste Weg, um seine Ansprüche an den Arbeitsplatz weitestgehend zu erfüllen. Zwar muss man sich selbst um Kundenakquise, Aufträge, Sozialversicherungen und Steuern kümmern, an Nachfrage hapert es in vielen Branchen, vor allem in der IT-Branche, definitiv nicht.

Vorteile der Selbstständigkeit

  • Selbstverwirklichung: die angestrebte Karriere kann nahezu kompromisslos vertieft und ausgelebt werden
  • Flexibilität: kein vorgeschriebenes Arbeitsmodell, freie Projektwahl
  • Freiheit und Unabhängigkeit: keine Bindung an ein Unternehmen
  • höheres Einkommen: selbst festgelegter Stundensatz
  • keine großen Hürden: relativ geringe Einstiegsinvestitionen (z.B. für EDV-System), Arbeit in Homeoffice oder Coworking Space
  • große Expertise: tiefschürfende Beschäftigung
  • hohe Nachfrage: Fachkräftemangel verheißt gute Auftragslage, Expertenwissen ist gefragt

Nachteile der Selbstständigkeit

  • keine geregelten Arbeitszeiten: häufig können Überstunden anfallen
  • Keine automatische Vorsorge: um Sozialversicherungen muss sich selbst gekümmert werden, ergeben sich nicht aus einem Arbeitsverhältnis heraus.
  • kein geregelter Urlaubsanspruch
  • keine Lohnfortzahlung bei Krankheit
  • kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld
  • finanzielles Risiko
  • kein Kündigungsschutz

Vor- und Nachteile der befristeten Anstellung

Eine Anstellung an sich scheint auf den ersten Blick eine bombensichere Wahl, denn aus ihr ergeben sich viele Vorteile. Eine befristete Anstellung endet zwar gemäß Vertrag beizeiten, es ist jedoch nicht gesagt, dass dieser Vertrag nicht verlängert werden kann. Auch fachlich bietet die befristete Anstellung keine schlechten Wachstumschancen; eine Spezialisierung ist hier ebenfalls möglich, denn Aufgabengebiete sind häufig anpassbar.

Auch hier ist personenabhängig, ob (befristete) Anstellungen eine Option darstellen. Geht man diese Verbindung mit Unternehmen ein, heißt dies dann möglicherweise auch, dass man seine Individualität vielleicht etwas weniger ausleben kann und sich den Zielen des Unternehmens unterordnen muss. Anstellungen nehmen außerdem bereits viele Regelungen vorweg, schreiben Arbeitszeiten, Verhaltensweisen etc. vor und lassen so meist wenig Raum für Narrenfreiheit. Natürlich gibt es hier aber auch Ausnahmen.

Vorteile der befristeten Anstellung

  • regelmäßiges, gleichbleibendes Gehalt, teilweise Urlaubs-/Weihnachtsgeld und bezahlte Überstunden
  • gesetzlicher Urlaubsanspruch
  • geregelte Arbeitszeiten
  • soziale Absicherung, Lohnfortzahlung bei Krankheit
  • Sprungbrett für Berufseinsteiger
  • Fachliches Wachstum
  • gute Referenzen
  • gesicherte Auftragslage

Nachteile der befristeten Anstellung

  • nicht immer gute Kollegen
  • hoher Bewerbungsaufwand für nächste Stelle
  • Abhängigkeit und Bindung an Unternehmen
  • keine Planungssicherheit
  • wenig Motivation
  • wenig Chancen zu Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung
  • Individualität kann anecken
  • kaum Flexibilität
  • keine freie Projektwahl

Fazit

'Selbstständig oder befristet angestellt?’, das ist eine Frage, die jeder für sich beantworten muss. Was die bessere Wahl ist, lässt sich ohnehin nur subjektiv bewerten. Beide Varianten haben ihre Pros und Contras, beides kann gut oder schlecht laufen.

Der Trend jedoch geht nicht nur klar weg vom befristeten Anstellungsverhältnis, sondern vor allem bei jüngeren Generationen teilweise auch vom Anstellungsverhältnis an sich. "Schuld" daran sind die Ansprüche der jüngeren Generationen an sich selbst (Bildung, Studium, Sinnhaftigkeit) und an die Arbeitswelt (Selbstbestimmung, Flexibilität, Einsatzgebiete etc.) gepaart mit den derzeit schlicht unattraktiven Rahmenbedingungen einer konventionellen Anstellung.

Solange Unternehmen hier nicht mit neuen und zeitgemäßen Arbeitsmodellen nachrüsten, sondern stur am altbewährten System festhalten, werden die Schwierigkeiten bei der Gewinnung und Motivation von Fachkräften nicht nur immer größer, auch wird der Freelancer-Trend weiterhin großen Zuwachs erfahren.

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