Den Sprung wagen – wie berufliche Neuorientierung gelingt

Hand aufs Herz: Sind Sie eigentlich mit Ihrem Job zufrieden oder träumen Sie von einer ganz neuen beruflichen Herausforderung? Der aktuelle Gallup-Index legt offen, dass deutsche Arbeitnehmer immer weniger emotionale Bindungen zu Ihrem Job haben. Einer Studie des IAB zufolge orientieren sich aber nur 3 Prozent beruflich neu. Das Problem: Viele wissen nicht, ob und wie sie den Jobwechsel angehen sollen und wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Wir zeigen Ihnen, was Sie beachten müssen, damit die berufliche Neuorientierung gelingt.

Wie gehen Sie an eine berufliche Neuorientierung heran? Die Bestandsaufnahme

Der Wunsch nach beruflicher Neuorientierung hat viele Gründe. Der häufigste ist Unzufriedenheit mit der aktuellen Arbeitsstelle. Doch der Berufswechsel ist eine große Veränderung, nicht nur für Sie, sondern auch für Ihre Angehörigen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich über Ihre Motivation für den Jobwechsel vollständig im Klaren sind: Nur wenn Sie genau wissen, was Sie antreibt, entwickeln Sie die richtigen Ziele und Maßnahmen und gelangen zu langfristiger Zufriedenheit im Job. Gute Gründe für eine berufliche Neuorientierung können beispielsweise sein:

  • In Ihrer derzeitigen Position können Sie sich nicht mehr weiterentwickeln oder langweilen sich sogar
  • Sie haben alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft, den Ihnen Ihr aktueller Arbeitsplatz bieten kann, um Sie zufriedener zu machen
  • Ihre Unzufriedenheit mit dem Arbeitsplatz hat Sie krank gemacht
  • Sie passen nicht mehr in das Team oder zu den Werten des Unternehmens
  • Sie haben nicht mehr das Gefühl, mit Ihrer Arbeit Mehrwert zu schaffen oder etwas Sinnvolles beizutragen
  • Ihrem Arbeitgeber droht eine Insolvenz oder die Übernahme durch ein größeres Unternehmen
  • Durch die Geburt eines Kindes, die Pflege eines Angehörigen oder andere Umstände haben sich Ihre Prioritäten geändert
  • Sie haben bereits ein konkretes Ziel und möchten es nun endlich in die Tat umsetzen

Nehmen Sie Ihre Beweggründe genau unter die Lupe

Bevor Sie sich konkret für den beruflichen Neuanfang entscheiden, ist es deshalb wichtig, mit sich selbst ein Interview zu führen, um Antworten auf wichtige Fragen zu finden. Vielleicht stellen Sie so fest, dass es nicht sofort ein Jobwechsel sein muss, sondern dass Ihre aktuelle Arbeitsstelle durchaus noch eine Chance verdient hat:

  1. Woher kommt der Frust? Hinterfragen Sie Ihre Unzufriedenheit, denn nur so können Sie herausfinden, was sich für Sie ändern muss: Sind Sie schon seit Längerem unzufrieden, weil sich viele Kleinigkeiten seit Jahren aufgestaut haben? Oder fühlen Sie sich nur momentan gefrustet, weil Sie kritisiert wurden oder einen Fehler gemacht haben? Gibt es einen bestimmten Grund für Ihren Ärger oder entzündet sich Ihre Unzufriedenheit an mehreren Punkten?
  2. Was muss sich ändern? Überlegen Sie, welche Änderungen überhaupt eintreffen müssen, damit Sie sich beruflich wieder wohl fühlen und motiviert arbeiten können. Wünschen Sie sich andere Arbeitszeiten? Wären Sie zufriedener, wenn Sie weniger, oder umgekehrt, mehr Verantwortung hätten? Kann regelmäßiges Feedback durch Vorgesetzte Ihren Arbeitsalltag positiver gestalten?
  3. Wo wollen Sie hin?: Fliehen Sie eigentlich nur vor den Problemen oder haben Sie ein konkretes Ziel im Sinn? Wie können Sie sicherstellen, dass die aktuellen Probleme im neuen Unternehmen nicht wieder auftauchen? Wo sehen Sie sich mit Ihren Fähigkeiten zufriedenstellend gefordert und gefördert? Wieviel Zeit sind Sie bereit, in nötige Weiterbildungen zu investieren?
  4. Wieviel Risiko nehmen Sie in Kauf?: Eine berufliche Neuorientierung ist auch immer mit vielen Unabwägbarkeiten und somit Risiken verbunden. Welche davon sind Sie bereit einzugehen? Auf welchen finanziellen und persönlichen Rückhalt können Sie zurückgreifen? Was können Sie tun, wenn Risiken tatsächlich eintreten?

Wenn die Entscheidung gefallen ist – den beruflichen Neuanfang richtig planen

Überprüfen Sie Ihr persönliches Skill-Set: Fragen Sie sich ehrlich, welche Aufgaben Ihnen besonders liegen und wo Sie Ihre größten Talente sehen. Auch eine detaillierte Aufstellung Ihrer Fähigkeiten, die Sie in früheren Jobs erlangt haben, ist für den Start in Ihre neue berufliche Zukunft hilfreich: Sie können so abschätzen, wo Sie bereits gute Voraussetzungen mitbringen und welche Qualifikationen Sie für die angestrebte Tätigkeit noch brauchen.

Einen beruflichen Neubeginn zu wagen erfordert viel Durchhaltevermögen und Motivation. Mit einer umsichtigen Planung bleiben Sie länger am Ball. Wenn Sie bei der konkreten Ausgestaltung Ihrer beruflichen Ziele noch unsicher sind oder nicht wissen, welche Fähigkeiten Sie ausbauen können, hilft auch die Karriereberatung durch einen professionellen Coach.

Generell kann die Meinung anderer Menschen Sie bei der beruflichen Neuorientierung unterstützen. Am besten natürlich von denen, die sich einmal in einer ähnlichen Situation befanden. Sie können Ihnen wertvolle Hinweise geben, welche Schritte Sie als nächstes gehen sollten. Und was noch wichtiger ist: Ein Coach oder andere Menschen helfen Ihnen, Ihre Zukunftsträume realistisch einzuschätzen, sodass Sie keine Enttäuschungen erleben müssen.

Berufliche Neuorientierung für ältere Arbeitnehmer

Im Job eine Veränderung anzustreben ist nur etwas für junge Arbeitnehmer? Sicher fällt es Jüngeren leichter, berufliche Wagnisse einzugehen und sich neuen Branchen oder Anforderungen anzupassen. Dennoch sollten sich auch Arbeitnehmer ab 50 nicht mit einem unzulänglichen Job begnügen: "Die wollen mich sowieso nicht" oder "Ich bin zu alt, um das noch zu lernen" sind die häufigsten inneren Ängste, wenn ab 50 über einen Jobwechsel nachgedacht wird.

Dabei hilft hier schon ein kleiner Perspektivenwechsel: Im Gegensatz zu jungen Berufstätigen wissen Arbeitnehmer ab 50 ganz genau, was sie können. Was dieser Arbeitnehmergruppe oft hilft, sind entscheidende Impulse von außen, wie Sie in einer Karriereberatung oder im Coaching geleistet werden können. Ein professionelles Bewerbungstraining kann außerdem helfen, die eigenen Fähigkeiten optimal zu präsentieren und Vorurteile bei Arbeitgebern abzubauen.

Eine berufliche Neuorientierung bringt viele Vorteile

Ob 55 oder 35: Eine berufliche Neuorientierung hat viele Vorteile, wenn sie gut durchdacht und richtig geplant ist:

  • Mit neuen Aufgaben und Herausforderungen, die besser zu Ihnen passen, gewinnen Sie mehr Zufriedenheit bei Ihrer Arbeit.
  • Die aktive berufliche Veränderung zeigt Ihnen außerdem, dass Sie sich nicht mit gegebenen Umständen abfinden müssen, sondern viel Gestaltungsraum haben, um Ihr berufliches Glück zu gestalten.
  • Durch einen Jobwechsel ergänzen Sie Ihr Portfolio um neue Kompetenzen und finden Aufgaben, bei denen Ihre Fähigkeiten hervorragend zum Einsatz kommen.
  • Neue Arbeitgeber schätzen Ihre Eigeninitiative und Ihre Motivation, sich beruflich auf neue Wege zu wagen. Das verschafft in Bewerbungsverfahren einen wichtigen Vorteil.

Risiken kennen und einkalkulieren

Jede Veränderung bringt Risiken mit sich. Auch bei der beruflichen Neuorientierung gibt es Gefahren, für die Sie gewappnet sein sollten:

  • Sie müssen beruflich noch einmal ganz neu anfangen. Unter Umständen fehlt Ihnen dazu sogar noch ein Netzwerk und wichtige Kontakte.
  • Ihr bisheriger Arbeitsplatz macht auch ein Stück Ihrer Identität aus, die Sie mit einem Berufswechsel aufgeben. Das verunsichert viele zunächst, denn Sie müssen sich eine neue Berufsidentität erst wieder aufbauen.
  • Je nach Branche müssen Sie sich bei einem Wechsel möglicherweise zunächst mit einem geringeren Gehalt zufrieden geben.

Mutig sein und konsequent entscheiden

Gegen eine berufliche Neuorientierung gibt es trotz großer Mobilität auf dem Arbeitsmarkt immer noch viele Vorbehalte, vor allem unter älteren Arbeitnehmern. Doch ein Berufswechsel zeigt nicht an, dass Sie in Ihrem alten Job versagt haben. Immerhin gehört zu einer Neuorientierung viel Mut und Energie, die neuen Arbeitgebern sehr gefällt.

Eine Studie der Universität Linköping in Schweden hat ergeben, dass Jobwechsel sogar gesund machen: Der Glücksfaktor bei Jobwechseln ist der Studie zufolge nämlich nicht ein höheres Prestige oder mehr Gehalt, sondern der Umstand, dass die berufliche Zukunft selbst in die Hand genommen wurde.