Anwälte und der Weg In-House - Eine berufliche Option für Rechtsanwälte

Das zweite Staatsexamen ist geschafft und den Großteil der Absolventen zieht es in die Anwaltskanzlei. Auch wenn sich der Trend in den letzten Jahren etwas gewandelt hat, so sehen immer noch die meisten jungen Rechtsanwälte die Kanzlei als den Arbeitgeber mit der höchsten Lernkurve und als Sprungbrett für die weiterführende Karriereentwicklung an. Aber auch die Einstiegsgehälter, die immer wieder angeglichen und publiziert werden, so hat jüngst Latham & Watkins die Gehälter für Berufsanfänger auf 110.000 Euro erhöht, Sullivan & Cromwell zahlt laut azur sogar 140.000 Euro, sind nach wie vor verlockend. Den Weg in die Rechtsabteilung wählen weitaus weniger Absolventen als erste Station, vielmehr sehen sie dies als mittelfristige Perspektive an. Analysiert man die ausgeschriebenen Positionen in den Rechtsabteilungen der Unternehmen und erfragt die Erwartungen bei den jeweiligen Entscheidern, so sind dementsprechend hier auch meist Kandidaten mit erster Berufserfahrung erwünscht.

Der Karriereweg in den Kanzleien ist oft vorgezeichnet. Mit mittlerweile geschaffenen Counsel oder Of Counsel-Funktionen wurden nun auch teilweise Alternativen zu Partnerpositionen geschaffen. Zudem wird vermehrt Wert auf Weiterbildungsangebote, auch mit nicht juristischem Bezug, flexiblere Arbeitszeiten und Teilzeitmodelle gelegt. Nichtsdestotrotz sehen nicht alle Rechtsanwälte die Kanzleiwelt als langfristige Perspektive an und beginnen nach einigen Jahren, die manchen früher, die anderen später, mit dem Wechselgedanken zu spielen. Obwohl mittlerweile ein vermehrter Wechsel in den Staatsdienst zu verzeichnen ist, steht für viele Anwälte die Rechtsabteilung als nächster möglicher Karriereschritt auf dem Plan. Bei diesem Plan bleibt es aber vorerst, zumal die tägliche Routine, die berufliche Auslastung und auch der fehlende Wechseldruck dafür sorgen, dass man sich eigentlich wohl fühlt, zumal man ja doch eine recht gesicherte und gut bezahlte Position inne hat.

Die Beweggründe, sich dann doch ernsthafter mit dem Wechsel zu beschäftigen, können vielfältiger Natur sein: die Partnerernennung lässt wider Erwarten noch ein Jahr länger auf sich warten, ein ehemaliger Kollege erzählt vom gelungenen Wechsel, mehrere durchgearbeitete Wochenenden stimmen nachdenklich oder es ist der Anruf eines Personalberaters, der eine interessante Vakanz anzubieten hat.

Welche Erwartungen sind überhaupt an einen Wechsel geknüpft? Wo sind die Chancen oder Risiken? In den Gesprächen mit den Rechtsanwälten wird oft der Wunsch deutlich, durch die Tätigkeit innerhalb des Unternehmens aus der externen Beraterrolle herauszutreten und die internen Strukturen kennen zu lernen aber auch von Beginn an den jeweiligen Themen und Prozessen beteiligt zu sein und diese auch stärker mit beeinflussen und steuern zu können. Sicherlich wird auch sehr oft die „Work Life Balance“ angesprochen, die In-House ja „bekanntlich“ weitaus besser sei, als in den Kanzleien. Selbstverständlich lässt sich dies pauschal nicht so einfach sagen. Tatsache ist, dass eine Tätigkeit im Unternehmen grundsätzlich planbarer ist, so dass man größtenteils weiß, welche Themen in der Woche anstehen, welcher Arbeitsaufwand zu erwarten ist. In vielen Unternehmen ist grundsätzlich von einer niedrigeren Arbeitsbelastung und geregelteren Arbeitszeiten auszugehen. Natürlich kann es auch hier zu Spitzen kommen, in denen bis spät abends oder gar am Wochenende gearbeitet wird, dies kommt jedoch eher selten vor. Diejenigen Häuser, die nahezu das gleiche Arbeitspensum von ihren Juristen erwarten wie die Kanzleien, sind jedoch auch bereit, dies entsprechend zu vergüten.

Womit das nächste wichtige Thema beim Wechsel zur Sprache kommt. Dass die Gehälter, die in den Kanzleien gezahlt werden, seitens der meisten Rechtsabteilungen nicht gehalten oder gar getoppt werden können, ist bekannt. So wird von den Unternehmen erwartet, dass der Bewerber seine Einkommenserwartung anpasst. Schließlich erhält er dadurch bessere Arbeitszeiten, Sozialleistungen und ggf. auch interessante Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Bereitschaft der Anwälte, auf einen Teil Ihres Einkommens zu verzichten, in den letzten Jahren durchaus nachgelassen hat. Viele Bewerber möchten sich bei einem Wechsel „nicht verschlechtern“, erwarten sogar stellenweise eine Gehaltserhöhung und winken die erwähnten Vorteile der In-House-Position als nicht hinreichend ab. Letztlich hängt die Bereitschaft, beim Gehalt Abstriche zu machen, natürlich auch von dem jeweiligen Wechseldruck ab. Ein gewisses Gehaltsniveau, das hart erarbeitet wurde, sollte aber natürlich auch erhalten bleiben. Es nützt auf die Dauer nichts, eine fachlich und persönlich passende Tätigkeit anzunehmen, sich aber stets über die in eigenen Augen nicht adäquate Bezahlung zu grämen. Da sind die Unzufriedenheit und der nächste Wechsel vorprogrammiert.

Nicht unerwähnt und ungeachtet bleiben sollte natürlich auch der Ausschluss der Syndikusanwälte aus der Anwaltsversorgung und deren Auswirkungen. Auch wenn hier mittlerweile Bewegung in das Thema gekommen zu sein scheint, so liegt eine endgültige Lösung noch nicht vor. Als die Regelung im April 2014 in Kraft trat, war sowohl bei den Rechtsabteilungen als auch bei den Anwälten die Unsicherheit groß. Wechselt überhaupt noch jemand? Wie hoch sind die finanziellen Einbußen? Kann das vom potentiellen neuen Arbeitgeber aufgefangen werden? Die anfängliche Zurückhaltung und Unsicherheit der Rechtsanwälte ist mittlerweile größtenteils der Auffassung gewichen, seine Karriereentwicklung nicht von diesem Aspekt abhängig zu machen. Einige Juristen schreckt die noch herrschende Unklarheit jedoch nach wie vor ab. Auch in den Bewerbungsgesprächen wird dieses Thema natürlich angesprochen. Inwiefern die finanziellen Einbußen in irgendeiner Form kompensiert werden, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich, wird jedoch immer seltener angeboten.

Der Gedanke an einen Wechsel in ein Unternehmen und hier in die Rechtsabteilung wird zudem immer wieder mit der Befürchtung verbunden, dort lediglich als ein gut qualifizierter „Sachbearbeiter“ angesehen zu werden. Je nach den Jahren der Berufserfahrung erwarten viele Rechtsanwälte jedoch idealerweise eine Tätigkeit mit hohem Anspruch, gar mit Führungsverantwortung. Dass Führungspositionen rar gesät sind, versteht sich aber von selbst und nicht jeder ist auch dafür geeignet. Vielmehr können die fachlichen Herausforderungen in den jeweiligen Senior-/Spezialisten Funktionen sehr befriedigend sein, die Bedeutung der Syndizi für das Unternehmen und die erhaltene Verantwortung sehr hoch und das Netzwerk und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen äußerst interessant. Es empfiehlt sich also, sich nicht von den zahlreichen Gerüchten im Markt beeinflussen zu lassen und sich im Gespräch mit den jeweiligen Unternehmen bzw. den Gesprächspartnern direkt zu informieren.

Die oben beschriebenen Aspekte ergeben selbstverständlich kein vollständiges Bild über die zahlreichen Themen, Fragen oder auch Vorbehalte, denen wir als Personalberater in unserer täglichen Arbeit begegnen, wenn wir den Wechsel aus der Kanzlei in ein Unternehmen ansprechen. Wir nehmen uns deshalb die Zeit, jede Berufsträger kennenzulernen, auf die persönlichen Belange einzugehen und individuell hinsichtlich der kurzfristigen aber auch mittel- oder langfristigen Karriereentwicklung zu beraten.

Der Bereich „Recht“ bei Cobalt Recruitment konzentriert sich auf die Besetzung von Fach- und Führungskräften in den Märkten Immobilien, Bau und Finanzen. Hierbei sind wir sowohl für Unternehmen als auch Kanzleien tätig. Gerne geben wir Ihnen Informationen zu dem aktuellen Markt in dem jeweiligen Bereich und den möglichen Vakanzen, sprechen auch gerne grundsätzlich mit Ihnen über Ihren bisherigen Karriereweg und die daraus resultierenden Möglichkeiten für den weiteren beruflichen Weg.
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Es sind in diesem Artikel stets Personen männlichen und weiblichen Geschlechts gleichermaßen gemeint; aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wurde nur die männliche Form verwendet.


Der Artikel wurde verfasst von Katharina Šestan.