Es sorgt regelmäßig für Zündstoff zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und führt immer häufiger zu gerichtlichen Auseinandersetzungen - das qualifizierte Arbeitszeugnis. Mit unseren Tipps und Informationen zur Gestaltung des Zeugnisses und zum Geheimcode mittels feststehender Formulierungen können Streitigkeiten vermieden und Lösungen gefunden werden, die beide Parteien zufriedenstellen.
Aufbau und Inhalt eines qualifizierten Arbeitszeugnisses
Obwohl es keine zertifizierten Normen gibt, die bei der Erstellung von qualifizierten Arbeitszeugnissen beachtet werden müssen, haben sich dennoch einige Standards durchgesetzt. Die inhaltlichen Schwerpunkte und der Aufbau sind bei qualifizierten Arbeitszeugnissen in Deutschland nahezu gleich.
Der Aufbau eines qualifizierten Arbeitszeugnisses folgt meist folgender Gliederung:
-
Einleitung: Überschrift (Arbeitszeugnis/Zwischenzeugnis o. ä.), Jobtitel, Beschäftigungsdaten
-
Werdegang: Beruflicher Werdegang (falls verschiedene Positionen im Unternehmen belegt wurden),
-
Stellenbeschreibung: Beschreibung des Aufgabenbereiches (häufig in Stichpunkten)
-
Leistungsteil: Arbeitsbereitschaft, Arbeitsbefähigung, Fachkenntnisse, Arbeitsweise, Arbeitsergebnisse, konkrete Erfolge, Zusammenfassung
-
Verhaltensteil: Verhalten zu Internen, Verhalten zu Externen (Kunden, Geschäftspartner), sonstiges Verhalten
-
Beendigungsformel: Dankes- und Bedauernsformel, Zukunfts- und Erfolgswünsche, Unterschrift des Zeugnisausstellers inklusive Rang und Namen, Ausstellungsdatum
Auch formal gibt es bei einem qualifizierten Arbeitszeugnis einige Punkte zu beachten, die sogar gesetzlich festgehalten wurden. So hat das Bundesarbeitsgericht folgende Kriterien für ein Arbeitszeugnis festgelegt:
-
Papier von guter Qualität
-
Keine Flecken, Verbesserungen, Durchstreichungen oder ähnliches
-
Ordnungsgemäßer Briefkopf mit Name und Anschrift des Ausstellers
-
Unterschrift und Firmenstempel
-
Einheitliche Maschinenschrift
Der gar nicht so geheime Geheimcode bei qualifizierten Arbeitszeugnissen
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, Arbeitszeugnisse auszustellen, die "wohlwollend" sind. Deswegen klingen Arbeitszeugnisse durchweg positiv. Hinter diesen Lobhudeleien verstecken sich jedoch Codes, die zukünftige Arbeitgeber auf negative Eigenschaften oder eine fehlende Arbeitseinstellung des Arbeitnehmers aufmerksam machen sollen und die allgemeine Leistung nach einer impliziten Notenskala beurteilen.
Die Benotungen verstecken sich häufig in den Adverbien und Adjektiven. So ist zum Beispiel eine Arbeit, die zur "vollen Zufriedenheit" erledigt wurde, mit der Schulnote 3 gleichzusetzen, die "vollste Zufriedenheit" entspricht der Schulnote 2 und "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" ist eine 1. Die kleine Änderung in der Beschreibung kann also schon einen Unterschied von zwei Noten ausmachen.
Für Personaler und künftige Arbeitgeber noch entscheidender sind meist jedoch Formulierungen im Arbeitszeugnis, die Aufschluss über den Charakter geben. Sätze, die nett klingen, jedoch nicht so gemeint sind, sind zum Beispiel:
"… hat alle übertragenen Arbeiten ordnungsgemäß erledigt" – übersetzt: Der Arbeitnehmer zeigte keine Eigeninitiative und machte nur, was man ihm aufgetragen hat
"… trug durch seine Geselligkeit zur Verbesserung des Arbeitsklimas bei" – übersetzt: Der Mitarbeiter hat einen Hang zu erhöhtem Alkoholkonsum
"Sein Verhalten gegenüber Kollegen, Kunden und Vorgesetzten war einwandfrei." – übersetzt: Da hier Kollegen und Kunden vor dem Vorgesetzten genannt werden, hat sich der Arbeitnehmer gegenüber seinem Vorgesetzten nicht ordnungsgemäß verhalten
Wenn Sie sich bei der ein- oder anderen Formulierung im Arbeitszeugnis nicht sicher sind, können Sie das Zeugnis auch analysieren lassen. Aufgrund der meist standardisierten Sätze kann dies inzwischen bereits eine Software in wenigen Sekunden erledigen.
Da Unternehmen es leid sind, jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen, bekennen sich mehr und mehr zu uncodierten Arbeitszeugnissen und vermerken das auch im Zeugnis.
Tipps für Arbeitnehmer: Ihre Rechte bei Arbeitszeugnissen
Sobald Sie länger als 6 Wochen in einem Unternehmen beschäftigt waren, egal, ob in Teil- oder Vollzeit, haben Sie das Recht auf ein Arbeitszeugnis. Dabei haben Sie die Wahl zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Arbeitszeugnis. Ein einfaches Arbeitszeugnis enthält nur die harten Fakten, wie zum Beispiel den Namen des Unternehmens, die Art und Dauer Ihrer Anstellung. Da ein Zeugnis ohne Beurteilung bei Personalern für erhöhte Skepsis sorgt, sollten Sie auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis bestehen.
Achten Sie darauf, dass Sie, sobald Sie von Ihrem Ausscheiden aus einem Unternehmen wissen, frühzeitig Ihr Arbeitszeugnis anfordern. Am besten liegt es Ihnen schon am letzten Arbeitstag vor. Theoretisch haben Sie zwar bis zu drei Jahre nach Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zeugnis, dieser Anspruch wird aber verwirkt, wenn kein wahrheitsgemäßes Zeugnis mehr ausgestellt werden kann (Vorgesetzter nicht mehr im Unternehmen tätig oder Schließung der Abteilung) oder in Ihrem Arbeitsvertrag eine Klausel zu Ihren Ansprüchen gegenüber dem Arbeitgeber vermerkt ist.
Was tun, wenn ein Arbeitszeugnis fehlt?
Als erfahrene Personalberatung können wir nur bestätigen, wovor Bewerbungsratgeber immer wieder warnen: Mit unvollständigen Bewerbungsunterlagen hinterlassen Sie immer einen negativen Eindruck.
Sollte Ihnen bei einer Bewerbung ein Arbeitszeugnis fehlen, ist dies im Falle eines länger zurückliegenden Jobs nicht besonders schlimm. Für viele Personaler stehen Arbeitszeugnisse nämlich nicht besonders im Fokus. Da die meisten Zeugnisse sehr gut ausfallen, verlieren sie mehr und mehr ihre Bedeutungskraft. Sie dienen vielmehr als Absicherung des Lebenslaufes und Beschreibung der Tätigkeiten. Fehlt ein Zeugnis, ist es umso wichtiger, einen ausführlichen Lebenslauf vorzuweisen. Schreiben Sie für den Job, für den das Zeugnis fehlt, einige Stichpunkte zu Ihren Tätigkeiten in Ihren Lebenslauf.
Eine weitere Möglichkeit, die gerade international immer gefragter wird, ist die Angabe einer persönlichen Referenz, wie zum Beispiel Ihres früheren direkten Vorgesetzten. So bieten Sie Ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber die Möglichkeit, etwas über Ihre Arbeitsweise und Ihr Engagement zu erfahren.
Tipps für Arbeitgeber: So vermeiden Sie Zeugnisklagen
Während Arbeitnehmer vorrangig darauf achten sollten, dass sie in ihrem Arbeitszeugnis positiv bewertet werden und auch die Leistungsbeschreibungen der Wahrheit entsprechen, geht es Arbeitgebern häufig hauptsächlich darum, sich rechtlich abzusichern.
Klagen gegen Arbeitszeugnisse nehmen zu
Jedes Jahr werden allein in Deutschland ca. 30.000 Prozesse geführt, in denen es um Formulierungen in der Zeugnisbeurteilung geht. Diese Flut an Klagen führt dazu, dass Arbeitgeber dazu übergegangen sind, die Arbeitnehmer in den Zeugnissen überproportional zu loben. 80 Prozent aller ausgestellten Zeugnisse werden inzwischen mit der Note "gut" oder "sehr gut" ausgestellt.
Arbeitsrechtler gehen davon aus, dass ein durchschnittliches Zeugnis der Note drei entspricht, alles was darunter liegt, muss der Arbeitgeber beweisen. Andersherum muss der Arbeitnehmer beweisen, dass seine Leistungen besser waren, als die Beurteilung es vermuten lässt. An diesem Punkt kommt häufig der Anwalt ins Spiel und das endet meist schlecht für den Arbeitgeber. 90 Prozent der Streitigkeiten vor Gericht enden mit einem Vergleich Beinahe alle enthalten die Regelung, dass der Arbeitnehmer sein Zeugnis selbst formulieren darf oder der Arbeitgeber mindestens auf die Note "gut" aufwerten muss.
Wie Sie als Arbeitgeber ein rechtssicheres Arbeitszeugnis schreiben
Nur noch Arbeitszeugnisse mit der Bewertung "sehr gut" zu verfassen, kann natürlich nicht die Lösung sein, zumal Sie als Arbeitgeber der Zeugniswahrheit unterliegen. Zeitgleich sind Sie verpflichtet, ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen, das den Arbeitnehmer in seiner zukünftigen Karriere nicht behindert. Somit ist das Verfassen eines Zeugnisses für jeden Arbeitgeber eine Gratwanderung.
Das ist auch ein Grund, warum viele Unternehmen dazu übergegangen sind, eine Zeugnissoftware zu benutzen oder sich Formulierungen für Arbeitszeugnisse im Internet zu suchen. Um sich vor Fehlern im Arbeitszeugnis zu schützen, hilft es, sich während des Verfassens eines Zeugnisses an einem Musterzeugnis zu orientieren und sämtliche Aspekte, die aufgegriffen werden zu erwähnen. Lassen Sie einzelne Punkte nur weg, wenn Sie aktiv ein negatives Signal setzen wollen.