"In der neuen Stelle erwartet mich ein schlechter Chef" – gewinnen Bewerber schon im Vorstellungsgespräch diesen Eindruck, sagen sie Unternehmen mit großer Wahrscheinlichkeit ab. Macht der künftige Vorgesetzte keinen guten Eindruck, ist das laut einer Umfrage mit 20.000 Fachkräften aus dem Jahr 2017 sogar noch entscheidender dafür, sich gegen die neue Stelle zu entscheiden als ein Gehalt, das nicht den Erwartungen entspricht.
Wie aber erkennt man möglichst schon im Job-Interview, ob der neue Chef sich als künftiges Mängelexemplar entpuppen könnte? Wir haben 5 Tipps für Sie zusammengetragen, mit denen Sie schlechte Chefs schon beim ersten persönlichen Kennenlernen enttarnen.
Vorüberlegung: Mit welchem Typ Chef können Sie am besten zusammenarbeiten?
Wie ein Chef seine Führungsposition ausfüllt, hängt nicht nur von seinem Charakter ab, sondern auch von seiner Vorstellung von Führung. Arbeitnehmer sollten sich daher darüber bewusst sein, welchen Führungsstil sie selbst erwarten und mit welcher Art von Führungskraft man am besten zusammenarbeitet. Auf diese vier Typen von Chefs werden Sie besonders häufig treffen:
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Der kommunikative Chef pflegt einen Führungsstil auf Augenhöhe. Das ist ideal für alle, die sich selbst gerne mit ihren Ideen einbringen und von einer gelebten Feedback-Kultur profitieren. Wer dagegen weiß, dass er nur unter strikten Anweisungen gute Leistungen bringt, kann es mit einem solchen Chef schwer haben, da er dessen Autorität womöglich nicht immer so ernst nimmt, wie es nötig wäre.
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Der sachorientierte Chef fokussiert sich stark auf Leistungsdaten. Das Zwischenmenschliche verliert er dabei gerne mal aus dem Blick. Wer selbst eher rational und kühl ist, wird mit dieser Art von Chef sicher gut klarkommen.
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Der extrovertierte Chef liebt die Außendarstellung. Er berichtet gerne von Erfolgen und hört es nicht so gern, wenn einmal etwas nicht nach Plan funktioniert. Details sind meist nicht so seine Sache. Das öffnet Mitarbeitern oft viele Freiräume, da diese Chefs ihre Mitarbeiter gerne eigenverantwortlich arbeiten lassen. Problematisch kann es werden, wenn dieser Cheftyp narzisstische Züge trägt und mehr von sich als von seinen Mitarbeitern hält.
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Der unscheinbare Chef verfügt oft über wenig Selbstbewusstsein. In seiner Führungsrolle fühlt er sich nicht wohl und gibt die Verantwortung gerne weiter. Wer gerne frei und eigenständig arbeitet, wird mit einem solchen Chef gut harmonieren. Rückendeckung bei Problemen dürfen Sie von ihm / ihr jedoch nicht erwarten.
Überlegen Sie noch vor dem Vorstellungsgespräch, mit welchem Typ von Chef Sie die besten Erfahrungen gemacht haben. Natürlich ist es nicht immer möglich, einen Chef zu bekommen, der ideal zu der Art und Weise passt, wie Sie gerne arbeiten und gefördert werden möchten. Mit den folgenden Tipps können Sie aber zumindest ausschließen, an einen "Horror"-Chef zu geraten.
1. Achten Sie darauf, ob der Dirigent Taktgefühl beweist
Sollte ihr künftiger Chef selbst einfachste Grundregeln wie Höflichkeit und einen freundlichen Umgangston missachten, liegt es klar auf der Hand: Mit diesem Chef möchten Sie nicht zusammenarbeiten. Denn wer sich schon beim ersten Kennenlernen so verhält, wird auch im Berufsalltag gute Manieren vermissen lassen.
Achten Sie auch auf die Tonlage des Gesprächs. Die Art und Weise mit der Ihr Gesprächspartner über das Unternehmen und seine Mitarbeiter spricht, lässt meist gut darauf schließen, wie er zur Firma steht. Spricht er über Erfolge und lobt seine Kollegen? Oder spricht er nur von Problemen und zieht gar über Kollegen her? Wie klingt die Satzmelodie? Engagiert oder eher gleichgültig? Ein Chef, der ohne jede Begeisterung spricht, wird seine Mitarbeiter kaum mitreißen können.
Besonders aufschlussreich sind für Bewerber Situationen, in denen weitere Mitarbeiter hinzukommen. Dann sollten Sie ganz genau beobachten. Spricht Ihr künftiger Vorgesetzte mit den Mitarbeitern freundlich, eher emotionslos und kühl oder ist sein Tonfall gar schroff?
Behalten Sie auch die Körperhaltung Ihres Gegenübers im Blick. Kommunikation ist nicht nur Klang, sondern auch Performance. Gelegentlich fallen manche Dinge beim Sitzen, Stehen oder Reden auf, die deutliche Hinweise liefern:
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Wenn sich Ihr Gegenüber beim Vorstellungsgespräch regelrecht in den Stuhl fläzt, lässt das auf jemanden schließen, der so sehr in sich ruht (um es positiv zu formulieren), dass er sein Gegenüber dabei schon einmal vergisst. Gegen eine gewisse Lockerheit ist sicherlich nichts einzuwenden, Aufmerksamkeit und Interesse gehören jedoch zu den Tugenden, die ein guter Chef immer mitbringen sollte.
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Wenn Ihr Gesprächspartner auf dem Stuhl hin und her rutscht und häufig auf die Uhr blickt, kann das auf Unsicherheit und wenig Selbstvertrauen hindeuten. Wirkt Ihr Gegenüber auch ansonsten fahrig, ungeduldig und nervös, werden Sie von einem solchen Chef nicht erwarten dürfen, dass er Ihnen dabei hilft, sich weiterzuentwickeln.
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Mustert Ihr Gegenüber Sie dagegen ständig
und lehnt sich gar provozierend nach vorne, handelt es sich womöglich um einen Typ Chef, der gerne andere verunsichert. Förderung und Verständnis werden Sie auch bei einem solchen Chef vermutlich vergeblich suchen.
Ein weiteres Indiz für einen schlechten Chef sind unangebrachte Fragen zur Person. Seriöse Chefs beschränken sich auf Fragen zu Ihren fachlichen und persönlichen Fähigkeiten. Sollten die Umstände Auskünfte über persönlichere Fragen verlangen, wird ein guter Chef diese umsichtig und so diskret stellen, dass Sie sie fern jeder Peinlichkeit werden beantworten können.
2. Unprofessionelles Verhalten
Was Bewerber als unprofessionelles Verhalten von künftigen Arbeitgebern werten, ist höchst unterschiedlichen. Häufig hängt die Bewertung von persönlichen Befindlichkeiten ab. Machen Sie sich am besten nicht allzu viel Gedanken darüber, wenn der Vorstellungstermin kurzfristig abgesagt wird. Das kann immer einmal vorkommen und hat in der Regel nichts mit Ihnen zu tun. Wird das Job-Interview jedoch immer wieder verschoben, zeugt das natürlich von einem Unternehmen, in dem schlechte Planung offenbar zum Alltag gehört.
Erscheint der mögliche neue Chef zu spät zum vereinbarten Vorstellungsgespräch, dürfen Sie eine kurze Entschuldigung erwarten. Bleibt diese aus, kann das ein Zeichen dafür sein, dass von Angestellten in diesem Betrieb offenbar erwartet wird, dass Sie das Verhalten von Vorgesetzten gar nicht erst in Frage stellen. Wie bei all unseren Tipps gilt dabei natürlich, dass Sie stets den Gesamteindruck werten sollten. Ist Ihr Gegenüber beispielsweise nicht nur unpünktlich sondern auch noch unvorbereitet, können Sie fast schon sicher sein, dass dieser Chef überlastet ist. Den Druck, den er auf sich spürt, dürfte er vermutlich schon bald nach der Anstellung an Sie weitertragen.
3. Wie wird im Betrieb über andere gesprochen?
Im Vorstellungsgespräch sollte es immer auch darum gehen, wie die Firma strukturiert ist und wie an Aufgaben herangegangen wird. Als Bewerber sollten Sie möglichst immer nach diesen Dingen fragen. Sie zeigen damit nicht nur, dass Sie sich wirklich für die Stelle interessieren, sondern können auch viel über Ihren neuen Arbeitgeber erfahren.
Spricht der künftige Chef über andere, auch ehemalige, Mitarbeiter, achten Sie genau darauf, wie er diese darstellt. Schönfärberei ist dabei ebenso fehl am Platz wie Kritik, die persönlich verletzend wirkt. Gelingt es Ihrem Chef Probleme offen anzusprechen, ohne dabei negativ zu werden, ist das ein gutes Zeichen. Fühlen Sie Ihrem Gegenüber hier ruhig auf den Zahn, schließlich werden Sie den Großteil Ihrer Zeit in dem Betrieb verbringen, wenn Sie zusagen.
Fragen Sie an diesem Punkt des Job-Interviews daher auch nach Dingen wie der Feedback-Kultur, dem Umgang mit Konflikten und Problemen im Unternehmen. Gute Chefs haben eine klare Vorstellung davon und werden Ihnen diese Fragen konzise beantworten können. Schlechte Chefs werden sich bei solchen Fragen dagegen eher unwillig zeigen und nach Ausflüchten suchen.
4. Arbeitsklima im Betrieb
Zum Bewerbungsgespräch gehört häufig, dass Sie zumindest kurz durch die Räume geführt werden, in denen Sie später arbeiten werden. Das gibt Ihnen nicht nur die Gelegenheit schon einmal einen Blick auf Ihre künftigen Kollegen zu werfen. Sie können auch schon einmal die Stimmung unter den Mitarbeitern abschätzen. Wie reagieren die Mitarbeiter etwa, wenn der Chef den Raum betritt? Ducken sich alle nur weg oder blicken Sie in offene, freundliche Gesichter?
Gerade diesen Punkt sollten Sie jedoch auch nicht überbewerten. Unter Umständen muss gerade ein Projekt dringend fertig werden, sodass alle deshalb unter Stress stehen. Ideal ist es natürlich, wenn Sie jemanden zum Arbeitsklima befragen können, der bereits in dem Betrieb gearbeitet hat bzw. dort noch immer arbeitet. Die vielen Bewertungsportale von Arbeitgebern im Internet taugen zur Einschätzung dagegen meist wenig. Entweder sind die Angaben geschönt oder Ehemalige und Chefs "bepöbeln" sich regelrecht öffentlich.