Männer sind strikter und konsequenter in ihrem Führungsstil, Frauen empathisch und kommunikationsstärker. So lauten zumindest die Klischees in Bezug auf männliche und weibliche Führungsrollen. Aber wie sieht es in der Realität aus und wie unterscheidet sich der Führungsstil von Männern und Frauen im unternehmerischen Alltag?
Die Herausforderungen von Frauen in Führungspositionen
Die Führungsetage wird immer noch von Männern dominiert. In DAX-Unternehmen sind die Führungspositionen gerade mal zu 10% von Frauen besetzt. Aus diesem Grund müssen sich Frauen auch im 21. Jahrhundert noch immer stärker anpassen, um innerhalb der Arbeitswelt ihre Karrierechancen auszuschöpfen.
Die schlechteren Voraussetzungen für Frauen, überhaupt eine Führungsposition zu bekommen, hängt maßgeblich von den Lebensumständen ab. Oft muss die Karriere durch Geburten und Zeiten der Kindererziehung unterbrochen werden. Für berufstätige Mütter ist es zudem schwerer, nach der Geburt der Kinder wieder in Vollzeit zu arbeiten. Der Aufstieg in eine höhere Position findet durchschnittlich zwischen dem 30. und dem 35. Lebensjahr statt – genau in der Zeit, in der Frauen oftmals mit der Familienplanung beschäftigt sind.
Die gläserne Decke
Es gibt bis heute zahlreiche unsichtbare Faktoren, die Frauen bei gleicher Qualifikation den Zugang zur Chefetage erschweren. Dieses Phänomen wird als „Gläserne Decke“ bezeichnet. Männliche Chefs suchen sich beispielsweise für die Beförderung ihrer Mitarbeiter eher Persönlichkeiten aus, die ihrer eigenen Art am nächsten kommen. Daher sind die Kandidaten ebenfalls männlich. Frauen werden in Führungspositionen noch immer als Minderheit wahrgenommen und auch von netzwerkbildenden Unternehmungen – wie dem gemeinsamen Feierabendbier ausgeschlossen.
Weibliche versus männliche Führungsrollen: Die wissenschaftlichen Studien
Gibt es ein klassisch weibliches und ein typisch männliches Führungsverhalten und wenn ja, wie unterscheiden sie sich voneinander? Um eine Antwort darauf zu finden, wurden mittlerweile einige Studien durchgeführt – mit spannenden Ergebnissen.
Studie 1: Einfluss der Persönlichkeit auf geschlechtsspezifische Karrieregefälle
Die englischsprachige Studie „Does Personality Explain the Gender Career Gap?“ stammt zwar bereits aus dem Jahr 2011, hat an Relevanz aber nicht verloren. Im Rahmen dieser Studie, die auf den Daten des sozio-ökonomischen Panels beruht, wurden insgesamt 20.000 Arbeitnehmer unter anderem nach den Eigenschaften ihrer männlichen und weiblichen Führungskräfte befragt.
Die Ergebnisse im Überblick:
Frauen sind in ihrem Beruf offener und gewissenhafter, Männer zeigen dagegen mehr Risikobereitschaft und sind emotional stabiler. Weibliche Führungskräfte müssen häufig zwischen privatem und beruflichem Glück wählen, während Männer eben Beides haben können.
Studie 2: Unterschiede in den Führungsstilen von Männern und Frauen
In einer norwegischen Studie untersuchten die Wissenschaftler um Oyvind Lund Martinsen an der Norwegian Business School 2900 Führungskräfte im Hinblick auf ihre Persönlichkeit. Dabei legten Sie 5 Kategorien fest, die für eine gute Führung unverzichtbar sind: Emotionale Stabilität, Extrovertiertheit, Offenheit, Geselligkeit und Gewissenhaftigkeit.
Die Ergebnisse der Studie
Die untersuchten Frauen konnten die Merkmale wesentlich besser erfüllen als die männlichen Probanden. Führung basiert auf der Persönlichkeit der Führenden. Gute Chefs sind diejenigen, die die genannten 5 Persönlichkeitsmerkmale größtmöglich erfüllen können – und dabei handelt es sich eben vermehrt um Frauen. Allerdings wurden in dieser Studie auch Schwachstellen aufgedeckt. Frauen zeigen in hohen Positionen eine geringere Stressresistenz und seien emotional instabiler.
Studie 3: Weibliche Führung bedeutet mehr Umsatz für das Unternehmen
Zu den bisher größten und spannendsten Studien zu diesem Thema gehört die Untersuchung des Peterson Instituts for International Economics in Washington. Sie wurde in 91 Ländern durchgeführt und ergab, dass ein Frauenanteil in der Chefetage, der um 30% höher ist, zu einem höheren Netto-Umsatz um 15% führt. Weibliche Führungspersonen können der Studie nach die Kompetenzvielfalt des Unternehmens erhöhen. Sie müssten Maßnahmen ergreifen, um sich in dem von Männern dominierten Führungsumfeld zu behaupten und diese Maßnahmen wirkten sich wiederum positiv auf die Unternehmensleistung aus.
Die Ergebnisse der Studie
Die Ergebnisse dieser Studie konnten von einer weiteren Untersuchung der Schweizer Bank Credit Suisse untermauert werden. Hier kam man zu dem Ergebnis, dass Unternehmen, bei denen mindestens eine Frau im Vorstand ist, wirtschaftlich höhere Renditen erzielen können.
Typische Eigenschaften von Frauen in Führungspositionen
In den genannten Studien haben sich einige typische Eigenschaften eines weiblichen Führungsstils herauskristallisiert. Dies kann nur als allgemeingültige Zusammenfassung gelten, denn jeder Mensch und jede Chefin hat ihre individuellen Besonderheiten, die in diese Stereotype einfließen.
Klarere Kommunikation
In der norwegischen Studie kam man zu dem Ergebnis, dass Frauen klarer kommunizieren können. Missverständnisse werden vermieden und die Effizienz in der Zusammenarbeit steigt. Generell zeigen Frauen in Führungspositionen eine stärkere Extrovertiertheit.
Offen für Innovationen
Weibliche Führungskräfte konnten in den Studien ihre Offenheit für Innovationen unter Beweis stellen. Bei Veränderungen sind sie reaktionsschneller und ergreifen eher die Initiative.
Einbeziehen der Mitarbeiter
Während männliche Chefs lieber das Steuer allein in der Hand halten, beziehen Frauen verstärkt ihre Mitarbeiter mit ein. Sie gelten als sozialverträglicher und kooperationsbereiter. Frauen sind besser in der Lage, realistische Ziele zu stecken und auch deren Umsetzung zu kontrollieren. Außerdem sind sie verstärkt dazu bereit, Familienförderung zu betreiben und beispielsweise die Gebühren für einen Kitaplatz zu übernehmen.
Auch jenseits der Frauenquote: Frauen haben in Führungspositionen gute Chancen
Seit Januar 2016 gibt es eine feste Frauenquote für die Besetzung von Führungspositionen. Demnach muss der Aufsichtsrat in Großunternehmen beispielsweise zu mindestens 30% weiblich besetzt sein. Jenseits der mehr oder weniger erzwungenen Positionierung, setzen auch Headhunter verstärkt auf die Akquise von Frauen. Ihre persönlichen Eigenschaften wie Flexibilität, Organisationstalent, Reaktionsfreude und Kommunikationsfähigkeit sind gefragter denn je in der Arbeitswelt.
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