Die schlechte Nachricht zuerst: Arbeitnehmer haben bei einer Kündigung grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Abfindung, denn die Zahlung ist in erster Linie eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Und jetzt die gute Nachricht: Dennoch lohnt es sich für Sie als Arbeitnehmer, nach einer Kündigung genauer hinzuschauen. Abhängig von den Umständen kann in vielen Fällen doch eine Abfindungszahlung erreicht werden.
Eine Abfindung steht Ihnen beispielsweise zu, wenn sich entsprechende Regelungen in Ihrem Arbeitsvertrag wiederfinden oder auch im Tarifvertrag Ihrer Branche festgehalten sind. Finden Sie hier keine Erläuterungen zu Abfindungshöhe und -umstand, ist möglicherweise der Sozialplan Ihres Betriebes aufschlussreicher. Ein Sozialplan umfasst Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und hält unter Umständen auch fest, für welche Fälle und in welcher Höhe Abfindungszahlungen vorgesehen sind. Auf diese können Sie bei der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses pochen.
Abfindung gegen Rechtssicherheit – wenn der Arbeitgeber eine Zahlung anbietet
Auch wenn in den oben genannten Verträgen und Vereinbarungen keine Angaben über eine Abfindungszahlung gemacht werden, können Sie auf eine Zahlung hoffen. Aus Sicht des Arbeitgebers dienen Abfindungen in vielen Fällen dazu, sich Rechtssicherheit zu "erkaufen", beispielsweise wenn es darum geht, kostspielige und unter Umständen rufschädigende Kündigungsschutzklagen zu umgehen. Aus diesem Grund bietet der Arbeitgeber oftmals freiwillig eine Abfindungszahlung an.
1. Abfindungsangebote bei einer drohenden Kündigungsschutzklage
Wenn Sie gegen die Kündigung durch Ihren Arbeitgeber rechtliche Schritte in Form einer Kündigungsschutzklage unternehmen, wird geprüft, ob die Kündigung überhaupt rechtmäßig war. Werden hier formale, soziale oder rechtliche Fehler festgestellt, die eine Unrechtmäßigkeit beweisen, müsste der gekündigte Arbeitnehmer theoretisch seinen verlorenen Posten wieder erlangen. Das liegt jedoch oft weder im Interesse des Arbeitgebers noch in Ihrem.
Im Falle einer unrechtmäßigen Kündigung möchten Arbeitnehmer oftmals lediglich eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes in Form einer Abfindung geltend machen. Der Arbeitgeber wendet mit einer Abfindungszahlung hingegen eine drohende Verhandlung vor dem Arbeitsgericht oder eine Wiedereinstellung des betreffenden Mitarbeiters ab. Wichtig ist, dass Sie die Kündigungsschutzklage innerhalb von 21 Tagen nach der Kündigung anstrengen.
2. Der Arbeitgeber kündigt aus betriebsbedingten Gründen
Auch bei einer betriebsbedingten Kündigung haben Arbeitgeber Interesse daran, Kündigungsschutzklagen zu vermeiden. Deshalb lohnt es sich, hier auf eine Absprache zu drängen: Sie haben Anspruch auf eine Abfindungszahlung, wenn Sie im Gegenzug auf eine Kündigungsschutzklage verzichten.
3. Ein Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis
Geradezu klassisch ist es, eine Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages anzubieten. Hier können betroffene Arbeitnehmer den Umstand ausnutzen, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter von einer Einwilligung in das Ende des Arbeitsverhältnisses überzeugen will. Unter diesen Umständen ist Ihre Verhandlungsposition über die Höhe der Zahlung für den Arbeitnehmer besonders gut.
Doch bei Aufhebungsverträgen ist auch besondere Vorsicht geboten, vor allem dann, wenn Sie im Anschluss auf Leistungen aus dem Arbeitslosengeld 1 (ALG1) angewiesen sind. Die Abfindungszahlung selbst ist für die Agentur für Arbeit zwar unerheblich, aber der Umstand, dass Ihr Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde, kann zu einer Leistungssperre von bis zu 12 Wochen führen. Die Begründung der Agentur für Arbeit: Durch Ihre Einwilligung haben Sie das Ende des Arbeitsverhältnisses selbst herbeigeführt.
Auch wenn Sie, um einer Verkürzung der gesetzlich festgelegten Kündigungsfrist zuzustimmen, vom Arbeitgeber eine Abfindung erhalten haben, kann das mit einer Sperrfrist geahndet werden. Und: Der Arbeitgeber muss Sie im Falle eines Aufhebungsvertrages nicht einmal über die möglichen Konsequenzen informieren, die Ihnen seitens der Agentur für Arbeit drohen.
4. Eine Abfindung ist Bestandteil eines Abwicklungsvertrags
Im Gegensatz zu einem Aufhebungsvertrag verhandelt ein Abwicklungsvertrag nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, sondern dessen Folgen. So sind neben einer Abfindung auch Regelungen über die Vergütung von Resturlaub, Überstunden oder sonstigen Leistungen enthalten. Auch in diesem Fall ist Ihre Verhandlungsposition besonders gut, vor allem dann, wenn in Ihrem Abwicklungsvertrag Regelungen dazu getroffen werden, ob und in welchem Umfang Sie nach Ihrem Austritt aus dem Unternehmen für Konkurrenzbetriebe tätig werden dürfen.
5. Wenn Sie doppelt entschädigt werden – Ansprüche aus mehreren Rechtsgrundlagen
Laut eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts von 2016 können unter Umständen sogar Abfindungsansprüche aus mehreren Rechtsgrundlagen bestehen. Im konkreten Fall hatte ein Arbeitnehmer nach einer betriebsbedingten Kündigung das Angebot einer Abfindung in Höhe von 86.300 Euro in Anspruch genommen. Im Sozialplan des Unternehmens waren aber ebenfalls Regelungen zu Abfindungsansprüchen getroffen. Da beide Angebote aber nicht ausreichend voneinander abgegrenzt wurden, ein Angebot das andere also nicht ausschloss, hatte der Arbeitnehmer Anspruch auf beide Abfindungen.
Wie hoch ist meine Abfindung? Mit Verhandlungsgeschick zu mehr Geld
Zur Höhe der Abfindung gibt es keine gesetzliche Vorgabe: Das ist eine schlechte, aber auch gleichzeitig eine gute Nachricht, denn hier können Sie mit Ihrem Verhandlungsgeschick mehr für sich herausholen. Ist in Ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag oder im Sozialplan eine Abfindungshöhe festgelegt, muss Ihnen diese auch gezahlt werden. Üblich ist in Deutschland hier eine Abfindungshöhe von einem halben bis ganzen Monatsgehalt pro Jahr der Betriebszugehörigkeit.
Sind zur Abfindungshöhe keine vertraglichen Angaben vorhanden und haben Sie trotzdem Anspruch, ist es reine Verhandlungssache, wie hoch Ihre Abfindung am Ende ausfallen wird. Das ist allerdings nicht nur von Ihrem Verhandlungsgeschick abhängig, sondern von mehreren weiteren Faktoren:
- den Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage
- weiteren betrieblichen Vergütungen wie z. B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld
- Ihren weiteren Jobaussichten
- Ihrem Alter und Familienstand
- der Betriebsbranche
Mit der Turboklausel mehr rausholen
Wenn es um Abfindungsleistungen geht, hat sich mittlerweile der Begriff Turboklausel durchgesetzt. Vereinbart Ihr Arbeitgeber zusätzlich zu Ihrem Aufhebungsvertrag eine Turboklausel, stimmen Sie zu, Ihren Arbeitsplatz vorzeitig zu verlassen, beziehen aber bis zum offiziellen Arbeitsvertragsende zusätzlich zur Abfindung Ihr reguläres Gehalt.
In Deutschland ist die Höhe der Abfindung übrigens vergleichsweise niedrig: Laut einer Studie des Consulting-Unternehmens Deloitte aus dem Jahr 2015 liegt Deutschland im Vergleich mit 30 weiteren europäischen Ländern mit einer durchschnittlichen Abfindungssumme von 39.370 Euro nur auf Platz 15. Spitzenreiter ist dagegen Italien mit 111.310 Euro. Auch Belgien (88.547 Euro) und Schweden (78.614 Euro) überholen die Bundesrepublik. Deloitte konstatiert, dass die Zahlungen bei unrechtmäßigen Kündigungen in der Regel zehnmal höher ausfallen, als bei rechtmäßigen.
Bei Abfindungszahlungen besteht Steuerpflicht
Vorweg nochmal eine schlechte Nachricht, gefolgt von gleich zwei guten: Abfindungen gelten als Arbeitsentgelt und sind daher lohnsteuer- und im Falle einer Religionszugehörigkeit auch kirchensteuerpflichtig. Und jetzt die guten: Es werden keine Beiträge zu den Sozialversicherungen fällig. Und: Bei Abfindungszahlungen handelt es sich um außerordentliche Einkünfte, die unter Umständen mit der sogenannten Fünftelregelung besteuert werden.
Im Gegensatz zum regulären Arbeitsentgelt, bei dem der gesamte Bruttobetrag für die Berechnung der Lohnsteuerhöhe zugrunde liegt, ermittelt das Finanzamt die Steuerlast bei Abfindungszahlungen demnach nur nach einem Fünftel der Gesamthöhe. So bleiben Ihnen unter Umständen zusätzlich noch einige hundert Euro mehr von Ihrer Abfindung.
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