In der Geschichte der Ingenieurwissenschaften haben Frauen eine wichtige Rolle gespielt. Unter der Last sexistischer Strukturen brachten sie einige der besten technischen Innovationen hervor: Von der Brooklyn Bridge in New York bis hin zu Scheibenwischern gehen viele bedeutende Konstruktionen auf die Ingenieurskunst von Pionierinnen zurück. Einige der Einflussreichsten möchten wie Ihnen hier vorstellen.
Der Hoover-Staudamm – eine Talsperre an der Grenze zwischen Arizona und Nevada – ist ein Konstruktionswunder und es gibt viele Ingenieure, denen wir seine Entstehung zu verdanken haben. Eine Person, die dabei jedoch oft vergessen wird, ist eine erfahrene Ingenieurin, die mithilfe ihrer Fachkenntnis aus dem Bereich der Kraftwerksysteme dazu beigetragen hat, dieses riesige Bauwerk auf die Beine zu stellen: Edith Clarke. Die Konstruktionsentwürfe von Clarke wurden später für zahlreiche Dämme im gesamten nordamerikanischen Westen verwendet.
Wie Sie sich vorstellen können, ist das Elektroingenieurwesen ein sehr komplexes Feld und es braucht nicht viel Fantasie, um sich die Fülle an Anwendungsbereichen vorzustellen, für die wir Strom nutzen. Edith Clark war eine Pionierin in einem der wichtigsten Bereiche des Ingenieurwesens und die erste Frau, die einen Abschluss im Elektroingenieurwesen am Massachusetts Institute of Technology (MIT) absolvierte – in einer Zeit, in der Frauen an Hochschulen noch vollkommen unüblich waren.
Edith Clarke wurde 1883 in eine wohlhabende Familie hineingeboren, als eines von neun Kindern. Nach mühseligen Versuchen, Arbeit zu finden, wurde sie 1922 schließlich von General Electric (GE) beschäftigt und erzielte beeindruckende Erfolge mit dem Unternehmen. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1959 hatte Clarke ein umfangreiches Portfolio an Konstruktionen und Projekten zusammengestellt. Neben ihrem Mitwirken am Bau des Hoover-Staudamms enthält ihr Vermächtnis auch die Erfindung eines grafischen Taschenrechners: ein Gerät, das mathematische Probleme mithilfe von Kraftübertragungen löst. Der Taschenrechner ist noch heute in Gebrauch. 2015 wurde Clark geehrt und in die Reihe der „National Inventors Hall of Fame“, eine Ruhmeshalle für einflussreiche Erfinder aus den USA, aufgenommen.
Zu einer Zeit, in der Frauen in ihrem eigenen Namen kein Eigentum besitzen durften, gelang es Sarah Guppy, eine große Zahl ingenieurtechnischer Erfindungen für sich zu reklamieren. Guppy wurde 1770 in Birmingham geboren, verbrachte ihr Erwachsenenleben jedoch in Bristol. Ihr größter Beitrag für die Ingenieurwissenschaften war ein spezielles Design für die Verankerung von Hängebrücken im Jahre 1811.
Schon zu Lebzeiten war Guppy für ihre Bescheidenheit bekannt. So überließ sie dem Ingenieur Isambard Kingdom Brunel ihre Konstruktionspläne kostenlos. Brunel verwendete sie, um die ikonische Clifton Bridge über dem Fluss Avon fertigzustellen. Auch Thomas Telford, ein bedeutender britischer Ingenieur im 18./19. Jh., verwendete das bewährte Design Guppys, als er die Menai Bridge in Wales baute. Für Guppy war der öffentliche Nutzen immer wichtiger als der persönliche Gewinn.
Während die Patente von Guppy unter dem Namen „die Guppy-Familie" registriert wurden, beanspruchte sie selbst nie den Ruhm für ihre eigene Arbeit. Sie war nicht nur eine frühere Befürworterin von Hängebrücken, sie hatte auch ein nachhaltiges Schema entworfen, um die Erosion auf Eisenbahndämmen zu verhindern: Sie pflanzte Pappeln und Weiden an. Darüber hinaus stellte Guppy weitere nützliche Erfindungen vor, um die Probleme des Alltags zu lösen, wie beispielsweise einen modifizierten Kerzenhalter, der die Kerze effizienter verbrennt. Am Ende waren es zehn Patente, die Guppy in ihrem Leben als Ingenieurin anmeldete – eine enorme Leistung.
Der amerikanische Bürgerkrieg wird immer als der blutigste Krieg der US-Geschichte im Gedächtnis bleiben, in dem Frauen eine zentrale Rolle spielten. Aus einer Liste von Krankenschwestern, Soldaten und Medizinern hebt sich eine Pionierin von allen anderen ab: Martha Coston. Sie war verantwortlich für die Kommunikationstechnologie der US-Marine während des Bürgerkriegs. Coston erfand die nach ihr benannten „Coston-Nachtsignale“, welche von der US-Marine ausgiebig genutzt wurden, um verschiedene Operationen auf See zu koordinieren.
Coston überwand persönliche Tragödien, um ihren Namen in den Geschichtsbüchern ihrer Heimat zu hinterlassen. 1826 wurde sie in Baltimore, Maryland, geboren, zog dann aber in den 1830er Jahren mit ihrer Familie nach Philadelphia. Dort traf sie ihren späteren Mann Benjamin Coston, der sich als erfahrener Erfinder bereits einen Namen gemacht hatte. Die beiden brannten gemeinsam durch, als Benjamin Coston kurz darauf eine Position in der Marine angeboten wurde. Im Alter von 21 Jahren fand sich Martha Coston als Witwe mit vier Kindern wieder, sodass sie dringend einen Weg finden musste, allein für sich und den Nachwuchs zu sorgen. Im Notizbuch ihres verstorbenen Ehemannes entdeckte Coston unverhofft unfertige Pläne für eine pyrotechnische Leuchtrakete. Sie machte sich daran, eine eigene zu gestalten, was ihr überraschenderweise gelang: Eine Aufgabe, die zehn Jahre ihres Lebens in Anspruch nahm.
Im Jahr 1859 erwarb Coston schließlich ein Patent für Leuchtraketen und die US-Marine bezahlte US$ 20.000 für die Rechte an diesem Patent. Heute gilt Coston als eine Pionierin des Ingenieurwesens und ihre Leuchtsignale werden noch immer von der US-Marine verwendet.
Die Brooklyn Bridge ist eines der bekanntesten Wahrzeichen von New York und umrahmt den klassischen Ausblick auf die berühmte Skyline von Manhattan. Sie wurde im Jahre 1883 erbaut, zu einer Zeit, als New Yorks Ingenieurlandschaft von Männern dominiert wurde. Aber Emily Roebling war Meisterin des Projekts. Ihr Mann, Washington Roebling, war ursprünglich der Chefingenieur, aber er wurde krank und musste das Bett hüten, also beaufsichtigte sie das Projekt an seiner Stelle. Roebling war verantwortlich für die tägliche Konstruktion eines der größten Ingenieurprojekte in der amerikanischen Geschichte.
Sie wurde 1843 geboren und erstrebte eine Karriere in der Bildung. Für jemanden, der anfangs kein Interesse an Technik hatte, können wir die Menge an Hingabe, die nötig war, um die Brooklyn Bridge zu Ende bauen, nur erahnen. Sie studierte umfangreich und lernte alles über die Stärken der Materialien und über Kabelkonstruktion. Sie beantwortete sogar Fragen von Beamten und Unternehmern, machte Aufzeichnungen und beantwortete Washingtons Briefe. Roebling hatte nie geplant, Ingenieurin zu werden, aber sie half dabei, eines der größten technischen Meisterstücke zu konstruieren.
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Auto hinter dem Lenkrad, es fängt an zu regnen und mit einem Knopfdruck haben Sie wieder freien Blick. Was wir heute für selbstverständlich halten, haben wir einer Erfindung von Mary Anderson zu verdanken: dem Scheibenwischer. Wie sähe das Autofahren heute aus, wenn Anderson für ihre Erfindung kein Patent bekommen hätte? Viele Leute standen Andersons Erfindung sehr kritisch gegenüber. Damals glaubten viele, dass Fahrer durch die Hin- und Herbewegung der Wischblätter abgelenkt und somit Unfälle verursacht würden.
1886 erblickte Anderson in Green County, Alabama, das Licht der Welt. Schon in jungen Jahren war sie an Immobilienentwicklung und Viehzucht beteiligt, aber sie hatte das Ingenieurwesen im Blick. Ihre Idee für den Scheibenwischer kam, als sie 1902 New York besuchte und ihr die enormen Unannehmlichkeiten beim Fahren bei widrigen Witterungsverhältnissen auffielen, da die Leute manuell Regen und Schnee von der Windschutzscheibe entfernen mussten. So entwarf sie ein Gerät mit Gummiblatt, das über die Windschutzscheibe fegen würde und so Regen, Schnee und Staub entfernte. In den 1940er und 50er Jahren war der Scheibenwischer dann eine Standardfunktion für Neuwagen. Als solche ist sie eine entscheidende Figur in der Entwicklung des Kraftfahrzeugs.
Wenn wir an die Mondlandungen denken, denken wir normalerweise an Männer, doch wenige Menschen kennen die Schlüsselrolle, die eine Ingenieurin bei diesen Missionen spielte. Beatrice A. Hicks entwickelte einen Gasdichteschalter, der bei der Apollo-Mondlandung eingesetzt wurde. Sie erfand diesen, während sie für Western Electric arbeitete, eine Position, die sie drei Jahre nach dem Erwerb ihres Bachelorabschlusses in Chemieingenieurwesen, am Newark College of Engineering im Jahr 1939, annahm. Sie war die erste Ingenieurin, die von der Firma angestellt wurde, und bewies so all ihren Zweiflern das Gegenteil: Denn in ihrer Kindheit versuchten viele ihrer Lehrer und Klassenkameraden sie davon abzuhalten, Ingenieurin zu werden, da sie das als eine unangemessene Karriere für Frauen betrachteten. Als Hicks 1979 starb, konnte sie auf große Erfolge zurückblicken. Sie hatte u. a. dazu beigetragen, Technologien für die Flugzeugkommunikation sowie für Telefone zu entwickeln. Im Jahr 2002 wurde sie in die „National Hall of Fame“ für Frauen aufgenommen.
Hertha Marks Ayrton war eine Pionierin mit vielen Talenten. Sie war nicht nur eine erfahrene Ingenieurin, sondern hatte auch Erfolg als Mathematikerin und Physikerin. Sie wurde in Hampshire, England, geboren, und war die erste Ingenieurin des Instituts für Elektroingenieure. Sie registrierte zwischen 1884 und ihrem Tod im Jahre 1923 sechsundzwanzig Patente für mechanisch-mathematische Trenngeräte, Elektroden und Bogenlampen. Sie erhielt die Hughes-Medaille von der Royal Society für ihre Arbeit zum elektrischen Lichtbogen. Michelle Dougherty, Professorin für Weltraumphysik, ist die einzige weitere Frau in der Geschichte, welche die gleiche Auszeichnung erhalten hatte.
Durch Ayrtons Experimente entdeckte sie den Grund für das Zischen von Bogenlaternen – das Zusammentreffen von Sauerstoff und Kohlestäben. Allerdings waren ihre Experimente zur Wellenbewegung ihre bedeutendste Arbeit. In ihrer Forschungsarbeit erklärte sie, wie sich Kräuselungen bilden und sich gegenseitig herstellen. Sie wandte ihre Theorien über die Kräuselungsbewegung in Wasser und Luft während des Ersten Weltkrieges an: Dies führte zur Erfindung des „Ayrton Fans“, der verwendet wurde, um Gasangriffe abzuwehren. Das Geheimnis der Wellen entdeckt zu haben, ist ihr dauerhaftes Erbe und ihr Beitrag zum Kanon der Naturwissenschaft.
Von Brücken, die Tausende von Menschen täglich benutzen, bis hin zu wichtiger militärischer Ausrüstung. Diese Pionierinnen bauten Brücken, um die Kluft zu den männlich dominierten Ingenieurwissenschaften zu überwinden. Sie trugen dazu bei, dass weitere Frauen ihr ausgewähltes Feld verfolgten. In jüngerer Zeit haben immer mehr weibliche Ingenieure auf diese Tradition weiblicher Innovation aufgebaut und sind in einflussreiche Positionen aufgestiegen, wie Diane Greene von Google und Peggy Johnson von Microsoft. Aber es sind die Frauen in diesem Artikel, die diesen Weg geebnet haben und sie taten dies ohne die Anerkennung zu bekommen, die sie damals bereits verdient hätten. Hoffen wir, dass die nächste Generation von Ingenieurinnen und Ingenieuren sich von diesen Frauen inspirieren lässt und in einer weitaus gleichberechtigteren Gesellschaft gedeiht.
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