Jeder Architekt, Ingenieur oder Bautechniker hat von Zeit zu Zeit Bau-Neid; das ist in dieser Branche zu erwarten. Bei immer ehrgeiziger werdenden Projekten und immer höher steigenden Wolkenkratzern gehört ein leichter Grünton schon dazu, wenn man ein neuartiges Gebäude betrachtet oder ein altes neu zu schätzen lernt. Hier sind fünf großartige Gebäude, an deren Entstehung wir gerne beteiligt gewesen wären.
Nach heutigen Maßstäben, wie das mit Wolkenkratzern so ist, war das Chicago Home Insurance Building schon ziemlich mickrig. Bescheidene 42 Meter hoch, war es im Jahre 1885 auf zweierlei Weise bahnbrechend: nicht nur war es das höchste Gebäude der Welt, sondern der erste Wolkenkratzer überhaupt. Entworfen von William Le Baron Jenney, war das Gebäude die erste hohe Konstruktion bestehend aus einem Stahlrahmen und war sowohl von innen als auch von außen gestützt. Man kann den Einfluss nicht überschätzen, den das Gebäude und sein Konstrukteur auf die Gestaltung der Städte im zwanzigsten Jahrhundert und darüber hinaus hatten. Es ist so etwas wie eine Auszeichnung, an einer Revolution der Igenieurskunst beteiligt gewesen zu sein, denn das Home Insurance Building revolutionierte die moderne Architektur. Es wurde 1931 abgerissen und ist das einzige Gebäude in unserer Sammlung, welches heute nicht mehr steht.
Vom weltweit ersten kommen wir nun zum heute höchsten Wolkenkratzer der Welt. Im vergangenen Jahrzehnt haben sich die Emiratis als Erschaffer und Genießer von Superlativen hervorgetan. Das Größte, Auffälligste und Teuerste, was man sich vorstellen kann – all das macht die Vereinigten Arabischen Emirate zu einem einzigen kühnen Spektakel. Und das Burj Khalifa ist keine Ausnahme. Das höchste Bauwerk der Welt, dessen Erbauung stattliche $1,5 Mrd. verschlang, eröffnete 2010 seine glänzenden Türen. Bei einer schwindelerregenden Höhe von 829,8 Metern, mussten für den Entwurf und die Konstruktion des Turms die innovativsten Methoden herangezogen werden. Vom verstärkten Stahlbetonmattenfundament bis zur state-of-the-art Außenverkleidung, verkörpert das Burj Khalifa den Exzess. Adrian Smith von Skidmore, Owings and Merrill leitete den Bau dieses Kolosses und fand seine Inspiration für das spiralförmige Minarettdesign in der islamischen Ikonographie.
Dem Nahen Osten ist Innovation in der Bautechnik kein Fremdwort. Auf 2540 v. Chr. zurückdatierend, ist die Große Pyramide von Gizeh das nächste Gebäude in unserem Dream Team. Das einst 146,5 Meter hohe Konstrukt wurde dem Pharao Cheops als Mausoleum errichtet, ist eines der Wunder der Alten Welt und die größte Pyramide, die jemals gebaut wurde. Schätzungen zufolge hat der Bau mehr als 20 Jahre gedauert und die Arbeitskraft von 100.000 erfahrenen Arbeitern in Anspruch genommen (ob diese versklavt waren, bleibt weiterhin umstritten). Die Cheops-Pyramide besteht aus rund 2,3 Millionen Kalksteinblöcken, von denen jeder Block mehr als 2,5 Tonnen wiegt. Die Präzision und Ausrichtung, mit der die Pyramide gebaut wurde – sie orientiert sich fast perfekt nach Norden – ist seit Jahrhunderten Gegenstand von Faszination und Rätseln. Es ist die Kombination aus Handwerkskunst und schierem Ausmaß, zusammen mit den umstrittenen Mitteln, mit denen sie ohne moderne Technik errichtet werden konnte, die die Große Pyramide zu einer solch faszinierenden Ergänzung unserer Liste macht.
Frank Gehrys heute ikonische Konstruktion von 1997 für die Unterbringung der Guggenheim-Sammlung in Bilbao hat zahlreiche Branchenauszeichnungen für ihr markantes, ungewöhnliches und ortsempfindliches Design gewonnen. Der zeitgenössische Stil spiegelt die moderne Kunstsammlung der Galerie wider, und seine geschwungenen Linien fangen gekonnt die Lichter der Stadt ein. Die verwendeten Materialien Stein, Glas und Titan reflektieren Bilbaos Industrieerbe und das Gebäude ist als revitalisierende Kraft der Stadt und der gesamten Gegend gefeiert worden. An einem Bauwerk zu arbeiten, das im Wesentlichen selbst ein Kunstwerk ist, welches die Inhalte des Gebäudes verkörpert, prädestiniert das Bilbao Guggenheim für unsere Liste.
Und schließlich die Mutter aller Amphitheater, das Kolosseum in Rom. Es wurde im Jahre 70 n. Chr. als das symbolische Zentrum des Römischen Reiches erbaut. Als Stätte für Zuschauersport und Gladiatorenkämpfe bot das aus Stein und Beton gebaute freistehende Amphitheater Platz für 80.000 Personen. Die schiere Größe und die historische/kulturelle Bedeutung dieses Gebäudes macht es zu einem Muss auf unserer Wunschliste.
Der Jeddah Kingdom Tower, dessen Fertigstellung für 2020 geplant ist, wird mit einer Höhe von 1 km das höchste Gebäude der Welt werden. Und bei immer anspruchsvolleren Projekten auf der ganzen Welt werden auch wir vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft Luftschlösser bauen.
Dieser Artikel wurde verfasst von John Clarkson, Manager Construction, Infrastructure & Property bei Cobalt Recruitment UK, und aus dem Englischen übersetzt von Helena Todorovic.