Lean- und Projektmanagement helfen Unternehmen aller Branchen schon seit Jahren dabei, kosteneffizient zu arbeiten. Nun hat der Trend auch die Anbieter von juristischen Dienstleistungen erreicht. Digitalisierung und Globalisierung haben dafür gesorgt, dass Mandanten beim Einkauf juristischer Beratungsleistungen zunehmend kostenbewusster sind. Legal Project Management (LPM) wird deshalb vor allem für große Kanzleien zu einer Schlüsselqualifikation, um eine wettbewerbsfähige Balance aus betriebswirtschaftlicher und juristischer Wertschöpfung zu erreichen.
Um diese verantwortungsvolle Aufgabe zu leisten, ist in Kanzleien und auch bei anderen Anbietern juristischer Beratungs- und Dienstleistungen eine spezialisierte Fachkraft nötig. Der Lean Project Manager agiert zu gleichen Teilen auf juristischem, betriebswirtschaftlichem und projektverwaltungstechnischem Terrain. Für diese Aufgabe sind klassisch ausgebildete Volljuristen meist nur unzureichend gerüstet. Für Rechtsanwälte, Wirtschafts- oder Unternehmensjuristen sowie Diplomjuristen eröffnen sich – mit entsprechender Zusatzausbildung – so neue, vielseitige Karriereperspektiven.
Die Nachfrage nach Rechtsberatungen und anderen juristischen Dienstleistungen ist nach wie vor hoch. Der Kostendruck bei den auftraggebenden Unternehmen und ein gleichzeitiges Überangebot an juristischem Fachpersonal erhöhen den Wettbewerb vor allem unter Groß- und Wirtschaftskanzleien jedoch enorm. Mandate werden häufig ausgeschrieben und an die Kanzlei vergeben, die das günstigste Angebot vorlegen kann.
Große Wirtschaftskanzleien versuchen im Wettbewerb zu punkten, indem sie alternative Honorarvereinbarungen treffen, wie die Abrechnung nach Erfolgsprämien oder die Vereinbarung bestimmter Fest- und Pauschalhonorare. Diese Vereinbarungen durchzurechnen und bei Mandatsannahme alle Zahlen im Griff zu behalten, gehört zu den Kernaufgaben des Legal Project Managements.
Zwar begegnen große Kanzleien diesem Trend schon mit digitalen Technologien, die helfen, Arbeitsprozesse zu verschlanken. Allerdings können effizientere Ergebnisse nur mit einem Legal Project Management erreicht werden. Dieses beschäftigt sich weniger mit der inhaltlichen Rechtsarbeit, sondern mit der kosteneffizienten Erbringung von rechtlichen Leistungen: Ressourcenverteilung, Businessziele und Risikobewertung sind im Legal Project Management die zentralen Fragen der Mandatsgestaltung.
Deshalb werden Rechtsdienstleistungen in Kanzleien mit LPM nach einem Projekt- und Kostenplan erbracht: Auftraggeber bestimmen einzelne Arbeitsschritte und Details der Zusammenarbeit im Voraus, nennen Teilziele und Dokumentationsanforderungen. Der Legal Project Manager stellt dazu eine Übersicht auf, die den Zeitaufwand einzelner Schritte, den Personalbedarf und natürlich die Kosten schätzt.
Um Effizienz und Ertragskraft auf Kanzleiseite sicherzustellen und das Kostenrisiko zu minimieren, kümmern sich die Verantwortlichen für das Legal Project Management also um verschiedene Stellschrauben:
Kostengünstige Erledigung von Teilschritten
Outsourcing von geeigneten Prozessen
Kontrolle des Zeitaufwands interner Spezialisten
Automatisierung von Standardprozessen
Planmäßiger Fortschritt des Projekts
Legal Project Management vereint die klassischen Instrumente des Projektmanagements mit den Spezifika des Rechtsverkehrs. Das eröffnet neue Karrierechancen für Juristen. Dabei können ein klassisches Jurastudium mit Staatsexamen oder ein Abschluss als Wirtschaftsjurist gleichermaßen zum Legal Project Manager befähigen. Doch unabhängig davon, ob erfahrene Volljuristen oder Berufseinsteiger den Weg des Projektmanagers einschlagen, verhelfen eine gründliche Weiterbildung beziehungsweise ein ergänzendes Aufbaustudium im LPM mit Sicherheit zu zertifizierten Fachkenntnissen.:
Projekt- und Prozessmanagement, eingegliedert in das juristische Transaktionsmanagement
Grundlagenkenntnisse effizienter Informations- und Wissensorganisation
Vertragsmanagement von Kanzleien und unternehmensinternen Rechtsabteilungen
Kenntnisse in Risikomanagement und Compliance
Kenntnisse und Bewertung von Optimierungspotentialen im juristischen Kontext
Diplomatisches Geschick und Kommunikationsstärke
Betriebswirtschaftliche oder informationstechnologische Kenntnisse
Darüber hinaus bietet die Position des Legal Project Managers auch für Absolventen mit durchschnittlichen Examensnoten die Chance, in einer renommierten Kanzlei tätig zu sein. Diplom- oder Unternehmensjuristen qualifizieren sich hingegen mit betriebswirtschaftlichem und IT-Fachwissen weiter und sind für verantwortungsvolle Aufgaben auch in den Kanzleien gefragt, die bisher nur Volljuristen beschäftigten.
Obwohl das Konzept des LPM noch keinen festen Platz in den Kanzleien eingenommen hat, ist die Resonanz positiv. Zum einen sind Legal Project Manager – trotz der sehr guten Gehaltsaussichten von bis 65.000 Euro Brutto – für Kanzleien weniger kostenintensiv als die bisher mit Aufgaben zum Projektmanagement betrauten Associates. Im Gegensatz zu den Associates können sich Legal Project Manager auch vollständig auf das Projektmanagement konzentrieren und somit professionalisieren.
Für Rechtsabteilungen und Kanzleien, die bislang noch nach dem Abrechnungsmodell auf Stundenbasis arbeiten, wird die Disziplin somit interessanter. Nicht zuletzt auch deswegen, weil sie zunehmend die Notwendigkeit sehen, juristische Dienstleistungen möglichst kosten- und ressourceneffizient erbringen zu müssen.
Dennoch wird das Legal Project Management noch viel Zeit brauchen, um wirklich flächendeckend Fuß zu fassen. Viele Rechtsabteilungen und Kanzleien sind momentan noch damit beschäftigt, LPM in Pilot- und Referenzprojekten zu testen und auf den Praxiseinsatz vorzubereiten. Andere juristische Dienstleister werden aufgrund ihrer internen Struktur nie auf ein Legal Project Management zurückgreifen müssen. Das Wissen um die Managementtechnik und ihre modulare Anwendung helfen jedoch auch kleinen Kanzleien, kosteneffizienter zu wirtschaften.